Unsere erste gemeinsame Literaturverfilmung

Manchmal habe ich richtig gute Ideen, wie ich meine Kinder dazu bringe, etwas toll zu finden und für sich selbst zu erschließen, was für Uwe und mich wichtig ist. Diese hier möchte ich mit euch teilen.

Meine Kinder sind schon seit Langem ziemlich wild darauf, endlich Harry Potter als DVD zu schauen. Ich fand das bis jetzt immer noch zu gruselig, aber es ist ja ab 6. Und da Ludwig vor ein paar Wochen 6 Jahre alt geworden ist, habe ich mich erweichen lassen. Allerdings nicht ganz ohne Trick. Denn ich dachte: Wenn ich das erlaube, dann nur, wenn wir das Buch vorher gemeinsam lesen. Gesagt, getan. Wir haben das Buch also jeden Abend gelesen – immer zwischen 14 und 20 Seiten und dieses Wochenende war dann die spannende Kinosession angesetzt. Allerdings fehlten uns da noch die letzten 1 1/2 Kapitel – aber deshalb noch einmal eine Woche warten – das ging natürlich nicht.

Kaum fing der Film an, kam er das erste Mal – der Satz, auf den ich gewartet hatte. “Das habe ich mir aber ganz anders vorgestellt.” Also habe ich auf Pause gedrückt und erklärt. Vom Zauber des Lesens und wie ein Wort bei uns Menschen im Kopf ein Bild auslöst – und dass dieses Bild bei jedem Menschen anders aussieht. Und dass das, was wir jetzt in dem Harry Potter Film sehen, eben auch das Phantasiebild von jemandem ist. Oder sogar von mehreren Menschen, weil eben der eine das Drehbuch schreibt und der Zweite das Bühnenbild entwirft und der Dritte die Masken und Kostüme macht.

Ab da hatte plötzlich jedes meiner Kinder viel zu sagen. Den Raum, in dem die Zauberstäbe verkauft werden, fand Ludwig zu klein. Außerdem dachte er, dass dort Tausende von Holzstäben herumliegen. Lissy hatte zwar geahnt, dass die in Schachteln sind (“Wie soll man die denn sonst finden?”). Aberr Harrys Besen, der Nimbus 2000, der hatte ja GAR KEINEN Sitz… DAS hatte sich im Buch aber anders angehört.

Und schon waren wir mittendrin, in einer Diskussion darüber, was besser ist – der Film oder das Buch. Dass beide sich für das Buch entschieden, lag wohl daran, dass der Film für meine Kinder ewig hätte weitergehen können. “Der Film ist aber kurz – wie lange haben wir denn schon gesehen?” Da war also die nächste Pause nötig und wir redeten darüber, wie schnell Zeit vergeht, wenn man Spaß hat – und dass dieser Film genauso lang ist wie ein langweiliger Film, uns aber trotzdem kürzer vorkommt. So wie eben auch andere Dinge im Leben einem kurz vorkommen, wenn sie schön sind und sich ewig in die Länge ziehen, wenn man eigentlich ganz woanders sein möchte.

Auch interessant war, wie die Kinder “mitgegangen” sind – auf der einen Seite war der Film natürlich spannend, aber alles war leichter zu “ertragen”, weil man ja ungefähr wusste, was kommt.

Und war er plötzlich da – der Moment in dem ich mal wieder dachte: “Ja, die ganze Mühe und Zeit und Energie, die Du in diese wunderbaren Kinder steckst – die lohnt sich.” Als Harry, der ja beide Eltern verloren hat, die ganze Zeit vor dem Zauberspiegel Nehegreb sitzt, weil er in ihm seine beiden Eltern sieht, sagt mein Sohn mit roten Bäckchen und glänzenden Augen und leicht belegter Stimme:

“Der sitzt da die ganze Nacht”.

Ich: “Weißt Du auch warum?”

Er:” Ja, sag nichts. Weil er seine Etern so vermisst.”

Gott, was musste ich meinen Bub da herzen. Schöner geht es eigentlich nicht, als zu merken: Da sitzt ein fertiger Mensch, der mitfiebern und begeistert sein kann – aber eben auch ein kleiner Mann, der mitfühlt. Ganz klar – dass war bestimmt nicht unsere letzte gemeinsame Literaturverfilmung. Ab nächster Woche lesen wir jedenfalls Harry Potter, Teil 2.

Alles Liebe und einen guten Start in die Woche

Eure Svenja

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