Sternenkinder – Eine mutige Frau erzählt

Meine Su?ßenIsabel – mit ihren Kindern Emilio und Mailina (Photocredit Tobias Müller)

Als mir meine Leserin Isabel anbot, für meinen Blog eine Gastkolumne über Sternenkinder zu schreiben, war ich gleich Feuer und Flamme. Es gab nur ein Problem: Isabell schickte mir direkt einen Text mit, den sie dazu schon einmal veröffentlicht hatte. Und der war wie jeder Text über Sternenkinder, den ich bis dahin gelesen hatte:

Er beschrieb faktisch, wie es ist, ein Sternenkind zu bekommen – anstatt den Leser die Emotionen rund um das Ereignis fühlen zu lassen. Dabei wäre genau das wichtig, um die Situation wirklich begreifbar zu machen.

Denn: wenn jemand den Begriff „Sternenkinder“ googlet, hat er wahrscheinlich genau drei Gründe dafür hat:

a) Die Person hat gerade erfahren, dass ihr Baby tot ist.

b) Die Person hat ein Kind tot geboren oder eine Partnerin, die ein Kind tot zur Welt gebracht hat – und sucht Informationen und Hilfe.

c) Die Person kennt jemanden, der ein Kind tot geboren hat und sucht Informationen und Hilfe.

Also habe ich Isabel gefragt, ob sie bereit wäre, einen neuen Text über Sternenkinder für mich zu schreiben. Einen, in dem sie ihre Gefühle beschreibt. Und ich wusste: das ist eine große Bitte, denn dazu muss sie das Geschehene situativ noch einmal komplett durchgehen. Fragen beantworten, die ihr nie jemand gestellt hatte. Und weh tun würde es auch.

Heute habe ich Isabels Sternenkinder Text bekommen – und ich hatte mehr als einmal Gänsehaut und Tränen in den Augen, als ich ihn gelesen habe. Isabel, Du mutige tolle Frau. Tausend Dank, dass Du Dich so öffnest, um Menschen, die auf der Suche nach Hilfe sind, beizustehen. Ich ziehe meinen Hut vor Dir.

Sternenkinder – Eine mutige Frau erzählt

1.) Kannst Du mir den schlimmsten Moment, den Du rund um die Diagnose und die Geburt Deines toten Babies erleben musstest genau beschreiben? Und zwar mit allen Sinnen? Was hast Du gefühlt, geschmeckt, gerochen, gesehen, gehört?
Bei uns war es so, dass wir gerade in Kroatien auf Urlaub waren, der erste Urlaub mit unserem knapp einjährigen Sohn am Meer. Am vorletzten Tag bekam ich plötzlich Blutungen, hatte jedoch überhaupt keine Schmerzen oder sonstige Beschwerden. Ich habe sofort meinen Frauenarzt angerufen, der aber selbst auf Urlaub war. Wir sind dann sofort heimgefahren und ins Krankenhaus, dort hat mich zuerst eine Schwester mit einer auszubildenden Ärztin untersucht, die aber meinten, alles sei in Ordnung. Sie wollten aber noch einen Oberarzt fragen. Das war dann leider (und ich habe im Nachhinein von vielen Betroffenen gehört oder gelesen, denen es ähnlich erging) ein ziemlich ruppiger Typ, der einfach sagte: „Nein, kein Herzton. Das Baby ist tot.“
Und DAS war dann der schlimmste Moment, der Moment in dem alle Hoffnung erstirbt, in dem man tatsächlich weiß, dass das eigene, unendlich geliebte Baby nicht mehr lebt, es aber nicht ansatzweise begreifen kann. Ich fühlte mich wie in einer Luftblase, als würde ich mich von außen betrachten. In meinen Ohren rauschte es und ich weiß noch, dass meine Beine gezittert haben. Das grelle Licht in diesem Untersuchungsraum, der Monitor, der zwar von uns weggedreht war, von dem ich aber wusste, dass er unser Baby zeigte, mein Mann, der meine Hand hielt… all das weiß ich zwar, aber ich hatte das Gefühl, als wäre ich gar nicht mehr richtig anwesend. Mein Mund hatte diesen berühmten metallischen Geschmack, mir war übel und ich wollte eigentlich nur weg, weg und mein Baby zurück. Plötzlich hat es mich dann wie eine riesige Welle überrollt und ich habe laut geschrien. Die beiden Frauen, die mich zuerst untersucht haben, waren Gott sei Dank sehr einfühlsam und haben den Arzt, der mir tatsächlich noch Fragen stellen bzw. vor meinem Mann und mir unser totes Baby am Monitor abmessen und weitere Daten festhalten wollte, zurechtgewiesen.

 2.) Wie lange hast Du Dein Kind nach der Geburt gehalten und hast Du es direkt “erkannt”?
Ich habe unser totes Baby weder gehalten, noch gesehen. Im Nachhinein habe ich oft darüber nachgedacht, ob es anders vielleicht „besser“ gewesen wäre… Ich war nach der Geburt allerdings sehr geschwächt und von den Schmerzmitteln auch benebelt, weshalb ich – auch wenn es unglaublich klingt – sehr schnell eigeschlafen bin.

3.) Wie unterscheidet sich die Geburt eines gesunden Babys von der Geburt eines bereits verstorbenen Kindes?
Ich musste unser Baby im fünften Monat ganz normal entbinden, hatte also Wehen und auch eine Austreibungsphase, ganz wie bei einer normalen Geburt. Aber mein Arzt hat mir natürlich Schmerzmittel gegeben, die ich nach anfänglichem Sträuben auch genommen habe. Es ist so schon extrem anstrengend und schmerzvoll, vor allem auch, weil man ja weiß, dass man nach diesen ganzen Strapazen keinen ersten Schrei hören und kein gesundes Baby in die Arme schließen kann.

4.) Was hat Dich medizinisch am meisten überrascht?
Ich war und bin unendlich froh, dass ich auf mein Gefühl gehört habe und NICHT in dem Krankenhaus, wo wir die niederschmetternde Nachricht vom Tod unseres Babys gehört haben, geblieben bin und dort entbunden habe. Denn der oben erwähnte Arzt sagte mir tatsächlich, dass ich im Prinzip nur dableiben und warten müsste, bis mein Baby „ausgestoßen“ würde (!). Ich aber wollte auf meinen Frauenarzt warten und das war die beste Entscheidung. Er hat nämlich nicht nur abermals einen ausführlichen Ultraschall in seiner Praxis gemacht und uns einige Einzelheiten erklärt und Fragen beantwortet, sondern mir außerdem gesagt, dass die in vielen Krankenhäusern durchgeführte Curettage nicht die einzige Option nach einer Totgeburt ist. Viel sanfter ist die sogenannte „Saugcurettage“ (wird während einer äußerst milden Allgemeinnarkose durchgeführt), bei der mittels einem speziellen Silikonröhrchen und einer Vakuumpumpe ganz sanft ohne Verletzung der Gebärmutterschleimhaut und ohne Aufdehnen des Muttermundes abgesaugt wird. Ich bin überzeugt, dass ich nur so schnell wieder schwanger geworden bin, weil ich nach der Geburt unseres Babys medizinisch wirklich in besten Händen war.

5.) Was würdest Du einer Mutter raten, die sich mit einer ähnlichen Situation konfrontiert sieht und ihr totes Baby zur Welt bringen muss? Was hättest Du gerne vorher gewusst und würdest das deshalb jetzt gerne weitergeben?
Das ist schwer zu sagen. Es handelt sich hier wirklich um eine absolute Ausnahmesituation. Manche sind vielleicht gefasst und wollen es einfach hinter sich bringen – da kommen die Trauer und dieses schreckliche Gefühl des Verlustes und der Hilflosigkeit erst später, andere sind eher impulsiv und wollen schreien, weinen und wütend sein. Wahrscheinlich ist es bei den meisten eine Mischung aus alldem…
Was ich nur jeder Frau raten kann, ist, dass sie ihren Partner oder (falls nicht vorhanden) eine andere Vertrauensperson als Stütze mit dabei hat und diese auch an ihren Gefühlen teilhaben lässt. Alleine schafft man sowas nur schwer und man MUSS ES AUCH GAR NICHT ALLEINE SCHAFFEN.

6.) Welches Verhalten deiner Mitmenschen nach der Geburt Deines Sternenkindes hat Dich am meisten verletzt? Und welches hat Dir am meisten geholfen und Dir Mut gemacht?
Am meisten nerven und verletzten diese vermutlich gutgemeinten Sprüche wie „Ihr seid ja noch jung, ihr könnt noch viele Kinder haben wenn ihr wollt.“ Ja, aber unsere Tochter wird uns niemand je ersetzen können und das sollte meiner Meinung nach sowieso nie die Aufgabe eines anderen Kindes sein. Oder „Wer weiß, vielleicht wäre es nicht gesund gewesen“. Oder „Das ist schon ganz vielen passiert, weißt du eigentlich, dass die Schwester von X und die Tante von Y…“ Hilft einem alles nichts, wenn das eigene Baby genommen wurde. Trotzdem muss ich gestehen, dass es mir tatsächlich Mut gemacht hat, zu hören, wie oft Fehlgeburten „passieren“ – offenbar handelt es sich hier um eines der letzten großen Tabuthemen unserer Zeit. Über den Tod spricht man ja generell eher ungerne, aber der Tod eines Babys oder Kindes – das geht gar nicht. Mut gemacht hat mir natürlich nicht die Tatsache, dass vielen Bekannten oder Freunden Ähnliches widerfahren ist, sondern dass viele von ihnen danach noch/wieder Kinder bekommen haben. Am meisten allerdings haben mir mein Mann, mein kleiner Sohn und meine Familie geholfen. Einfach, indem sie da waren und mir zuhörten, indem sie mich weinen ließen (und nach wie vor lassen!), wenn mir danach war, indem sie meine Trauer und meine Ängste mit mir teilten und mir – was anfangs unmöglich schien – wieder unzählige Gründe gaben, um zu lachen und glücklich zu sein.

7.) Wie habt ihr euer Sternenkind genannt und beerdigt? Habt ihr einen Platz, an dem ihr an euer Kind denkt oder ein bestimmtes Ritual?
Eigentlich wissen das nicht viele Leute, denn – Überraschung – das ist eine der Fragen, die NIE jemand stellt. Zumindest die nach dem Namen. Unser kleines Mädchen heißt Maja. Während meiner Schwangerschaft wussten wir nicht, ob wir ein Mädchen oder einen Jungen erwarten, wir wollten uns wie schon bei unserem Sohn überraschen lassen. Auch nach dem schrecklichen Erlebnis der späten Fehlgeburt wollten wir das Geschlecht unseres Kindes zuerst nicht wissen – aber weil es rund um die Beerdigung einiges zu klären gab, haben wir erfahren, dass es ein kleines Mädchen war. Was deine zweite Frage schon teils beantwortet – Ja, wir haben einen Platz, an dem wir Maja besuchen können. Vom Krankenhaus aus wurde ein sehr berührender Gedenkgottesdienst für während der Schwangerschaft verstorbene Babys organisiert und es gibt am Friedhof eine spezielle Grabstätte für jung verstorbene Babys, die wunderschön gestaltet ist.
Ich muss aber zugeben, dass wir nicht oft dort sind. Vielmehr „begleitet“ uns unsere Tochter im Alltag, ich denke beispielsweise oft daran, wie alt sie jetzt wäre oder ob sie sich in manchen Situationen vielleicht ganz anders als ihre Geschwister verhalten würde, wie sie aussehen und wem sie ähnlich sein würde… Ein fixes Ritual allerdings haben wir als Familie: Jedes Jahr am zweiten Dezembersonntag zünden wir wie viele verwaiste Eltern weltweit eine Kerze an, Stichwort „Internationales Worldwide Candle Lighting“ (wir haben für diesen Anlass eine besonders schöne Kerze extra für Maja gekauft).

8.) Du warst nach Deinem Sternenkind noch einmal schwanger. Wie hast Du diese Schwangerschaft und diese Geburt erlebt?
Das lässt sich nicht so einfach beantworten. Anfangs war da natürlich diese überschwängliche, fast berauschende Freude, als wir den positiven Schwangerschaftstest in Händen hielten. Wir waren so froh, dass wir nach dem Verlust unserer kleinen Tochter doch wieder so schnell mit einem weiteren Baby beschenkt wurden. Dann aber stellte sich leider ziemlich schnell eine lähmende Angst ein – „Ist alles okay? „Ist unser Baby gesund?“ „Wird diesmal alles gut gehen?“ Ich für mich habe meine dritte Schwangerschaft – obwohl ich wahnsinnig glücklich, stolz und vorfreudig war – als sehr angespannt, belastend und sorgenvoll erlebt. Einfach, weil ich wusste, dass trotz bestem Gefühl und Gewissen doch etwas „schiefgehen“ kann…

9.) Die Frage nach dem “Warum wir” – konntest Du die beantworten? Ich weiß nicht, ob Du religiös bist, aber wenn ja – hast Du mit Gott dazu gesprochen? Oder wenn Du es nicht bist: mit jemand anders? Muss man diese Frage beantworten um seinen Frieden damit zu machen – auch wenn es einen für immer verändert?
Dieses „Warum wir“ macht einen nur kaputt. Natürlich haben auch wir uns diese Frage gestellt, immer und immer wieder – das Problem ist nur, dass sie einem von niemandem beantwortet wird. Und dass sie aufreibt, traurig macht und bei der Verarbeitung des Geschehenen nicht weiterhilft. Man kann die Zeit, die man braucht, um eine Fehlgeburt zu verarbeiten, nicht in Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren festlegen. Nichts ist wie es war und ich wage zu behaupten, dass es für betroffene Eltern auch nie wieder so sein wird. Das muss es auch gar nicht, aber es hilft, Wege aus der Trauer aktiv zu suchen. Egal, ob eine Therapie, der (anonyme) Austausch in Internetforen, Gespräche mit einfühlsamen Menschen oder auch Lesen in einschlägiger Literatur – es gibt verschiedenste Möglichkeiten die helfen, Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Mein Mann und ich glauben an Gott und mir hat es sehr geholfen, zu beten und Kraft daraus zu schöpfen. Auch die Vorstellung, dass wir unsere Tochter irgendwann im Himmel wiedersehen, finde ich schön, denn dass sie dort auf uns wartet, davon bin ich überzeugt. Ich hoffe, sie sieht manchmal zu uns und ihren Geschwistern herab und weiß, wie lieb wir sie haben und dass sie ihren Platz in unserer Familie hat und immer haben wird.

Isabel Müller ist 29 Jahre, sehr glücklich verheiratet und lebt mit ihrem Mann und den beiden Kindern in Salzburg. Sie schreibt seit 2009 für das österreichische Familienmagazin fratz&CO und hat seit kurzem auf fratz.at ihren eigenen Blog Vollherzmami.

Buchtipps zum Thema Sternenkinder

von Hannah Lothrop, der Autorin des Standarwerkes “Das Stillbuch”. Das habe ich selbst einmal verschenkt – auf den Rat einer Mutter, die genau das erlebt hat – als jemand in meinem Umfeld ein Sternenkind geboren hat.

Sternenkinder_Buchempfehlung

Gute Hoffnung – jähes Ende: Fehlgeburt, Totgeburt und Verluste in der frühen Lebenszeit. Begleitung und neue Hoffnung für Eltern

Das nächste Buch hat Isabel damals gelesen und es hat ihr sehr geholfen:

Sternenkinder_Wenn_eine_Schwangerschaft_zu_fru?h_endet

Sternenkinder: Wenn eine Schwangerschaft zu früh endet

Und hier noch zwei Websites zum Weiterlesen – auch auf Empfehlung von Isabel.

http://www.initiative-regenbogen.de/
http://www.sternenkinder-eltern.de/

Liebe Isabel, wenn wir mit diesem Thema und Deinen Erfahrungen nur einem Menschen helfen können, ist schon viel getan. Ich danke Dir sehr für Deine Offenheit und den Willen, was zu bewegen. You rock, girl.

In diesem Sinne

Eure Svenja

23 Kommentare

  1. Danke für das bewegende und mutige (von beiden Seiten) Interview!
    Ich bin als Fotografin in zwei Vereinen aktiv, deren Mitglieder kostenlos Kinder fotografieren – kranke und/oder behinderte Kinder (“Tapfere Knirpse” e.V.) und eben auch Sternenkinder. Für viele Eltern sind diese Erinnerungen – diskret, aber professionell gemachte Fotos – sehr wichtig im Trauerprozess. Wer sich für den Verein und unsere Arbeit interessiert: http://www.dein-sternenkind.de.
    Lieben Gruß
    Anette

  2. Möchte Danke sagen für diesen einfühlsamen Beitrag und den Mut, so offen darüber zu schreiben!
    Leider ist dies immer noch ein Thema über das viel zu viel geschwiegen wird. Zu unangenehmes Tabu für das Umfeld.
    Aber einen selbst lässt es natürlich nicht los.
    Eigentlich hätten wir drei Kinder, doch alle drei starben sie während der Schwangerschaft. Nach der dritten Fehlgeburt brauchten wir eine Pause.
    Als wir uns wieder trauten, ans Elternwerden zu denken, bekam ich die Diagnose Mammakarzinom. Inzwischen bin ich im dritten Jahr meiner Hormontherapie. Wenn diese Therapie vorbei ist, wird es für mich zu spät zum Kinderkriegen sein.
    Den Verlust meiner Kinder habe ich immer wie in einer Schockblase erlebt. Die Frage nach dem “warum” möchte ich mir gar nicht erst stellen, sie ließe mich nur verzweifeln.
    Was Isabell schreibt, kommt meinem Empfinden sehr nah. Danke für diesen Text.

    Seit 2006 lebt die Tochter meiner verstorbenen Schwester bei uns. Unabhängig von meinen Fehlgeburten. Wir hätten gerne mehr Kinder gehabt.
    Doch so bin ich dankbar, dass wir uns drei – mein Mann, unser Schwesterkind und ich- haben!

  3. Sehr bewegende Worte…und in vielem erkenne ich mich wieder…unser Sternenkind heißt Leena….ich war schwanger mit Zwillingen, das wusste ich allerdings erst, als ich mit starken Blutungen ins Krankenhaus kam in der 14. Woche….Der behandelnde Arzt erzählte was von Ausschabung usw., was mich aber total abschreckte…ich wollte einen Tag “Bedenkzeit”, ging nach Hause und suchte am nächsten Morgen erst einmal meinen Frauenarzt auf. Der sollte mir die Angst nehmen vor der Ausschabung und mir Mut machen… Ich bat ihn auch, mich noch einmal zu untersuchen, damit ich ganz sicher sein konnte, denn irgendwie konnte ich mir nicht vorstellen, dass mein geliebtes Kind tot sein sollte… lange Rede kurzer Sinn…Auf dem Ultraschall war ganz deutlich zu erkennen, dass da ein Herz schlug.. Ich konnte das kaum fassen und war vor lauter Glück kaum aufnahmefähig für die vielen Erklärungen meines Arztes, das dieses Phänomen gar nicht so selten ist, wie man vielleicht glaubt usw. (ich will euch nicht mit zu vielen medizinischen Details langweilen). Der Rest der Schwangerschaft verlief normal, die Geburt war allerdings wieder voller Komplikationen. Mein Sohn hatte eine Lungenentzündung im Mutterleib und als er auf die Welt kam, hat er schon nicht mehr geatmet..künstliche Beatmung und eine Nacht des Bangens lagen vor uns, dann wussten wir, er hatte es geschafft..aber zurück zum Thema: Dass unser Sternenkind ein Mädchen war weiß ich nur deshalb, weil ich in der Zeit nach der Geburt ihres Zwillingsbruders immer von einem Mädchen geträumt habe. Es hatte dunkle Zöpfe und war etwa fünf Jahre alt…Sie winkte mir zu und sagte: Alles ist gut, Mama…alles ist gut… diesen Traum hatte ich viele Nächte lang, sodass ich an einigen Tagen am liebsten nicht eingeschlafen wäre….Meine Hebamme sagte mir, ich solle mich verabschieden….ich schrieb ihr einen Brief und legte ihn auf ein mir fremdes Kindergrab auf dem Friedhof meiner Heimatstadt… seit diesem Tag hatte ich keine Träume mehr. Lange Zeit war ich mit meiner Trauer aber allein, denn die Menschen um mich rum sahen ja nur dieses kleine Baby, mein großes Glück…ich musste schließlich froh sein, dass ich ihn noch hatte. Natürlich stimmt das, aber das macht den Verlust des zweiten Babys doch nicht weniger tragisch. Mittlerweile ist das ganze neun Jahre her und manchmal schau ich mit meinem Sohn vor dem Schlafengehen in den Himmel und suche mit ihm den hellsten Stern. Wenn er ihn entdeckt hat, ist er ganz aufgeregt und ruft voller Freude: “Da Mama, das ist der hellste, da schläft Leena!” Leena ist teil unser Familie, auch, wenn sie nie das Licht der Welt erblickt hat. Und in jedem traurigen Gedanken an sie und daran, dass ich sie nie kennenlernen durfte, schwingt gleichzeitig so viel Glück und Dankbarkeit über den gesunden Sohn mit, den das Schicksal mir gelassen hatte. Für mich sind Sternenkinder kleine besondere Engel, die einem das Herz öffnen und uns jeden Tag bewusst machen, was für kostbare Schätze die Kinder sind, die mit uns auf der Erde verweilen dürfen.
    LG Michi

  4. Wir haben 2012 unser Haus gebaut und mit der Komplettsanierung bekommen – am ersten Wochenende des Umbaus hielt ich den positiven Schwangerschaftstest in der Hand und war im Himmel. Leider haben wir dieses erste Baby verloren. Am wirklich allerschlimmsten war die Reaktion meiner Schwiegermutter: “Das ist uns doch allen schon mal passiert.” “Ja, ist traurig, aber weitermachen.” oder noch besser “wer weiss, wofür es gut ist!”
    Ganz ehrlich?! Das hat mein Verhältnis zu ihr nachwirkend beeinträchtigt! Was fürn Scheiß in der Situation! Ich wollte einfach nur traurig sein dürfen.
    Das Schöntraurigste in dem Moment war es, dass meine Schwester ihr neues stressiges Leben auf Sylt kurz hinten angestellt hat und wir uns bei meinen Eltern für eine Woche Heimaturlaub getroffen haben. Ich habe mich nach ein paar Tagen dafür entschuldigt, dass ich noch nicht geweint habe und sie doch jetzt extra gekommen ist um mich zu trösten und das sie es vielleicht bereut. Da sagte sie nur: “Ich sehe genau, dass Du Dich in jeder Minute furchtbar zusammenreisst. Also halt die Klappe!” Was für ein Geschenk, diese Frau!

  5. liebe isa, dankeschön für deine wunderbaren, berührenden worte, voller realität, trauer und doch voller hoffnung. ich konnte “unser sternenkind” im arm halten, ihn ansehen, ihn halten. das tat unheimlich gut. wir (mein mann und unsere, zum zeitpunkt der totgeburt, 5 jährige, tochter) hatten auch die möglichkeit sich von unserem “sternenkind” zu verabschieden. wir haben ein bild unseres jungen. es gab eine “verabschiedung” für unser “still geganges kind”. das tat gut. trotz der trauer, der frage “warum ich”, das ins “bodenlose fallen”. alles liebe und danke und respekt für deinen mut.

  6. Ein Stern ist nur einer unter vielen. Aber ein einziger kleiner Stern kann auch etwas ganz besonderes sein.

    Wenn du bei Nacht zum Himmel emporschaust, dann werde ich auf dem schönsten der vielen, vielen Sterne sitzen und zu Dir herabwinken. Ich werde Dir Trost und Licht senden, damit Du mich in Deiner Welt sehen kannst und nicht vergisst. Traurig sollst du aber nicht mehr sein, denn schau nur: Ich habe jetzt einen eigenen Stern!

    you know it my dear, dieser Spruch begleitet mich seit mehr als 2 Jahren täglich, wenn ich mir mein Handgelenk ansehe und an mein Sternchen denke.
    Danke Isa, du hast meinen grössten Respekt für diesen Schritt!

  7. Was für ein mutiges und bewegendes Interview! Toll, dass Ihr hier so offen darüber sprecht!
    Mein erstes Kind ist auch ein Sternenkind; es wäre heute schon 14 Jahre alt. Damals war ich mit meiner Trauer ziemlich allein; alle wollten dieses Thema so schnell wie möglich “erledigt” wissen.
    Für mich hat mein Sternenkind immer einen Platz in meinem Herzen; ich werde nie vergessen, wie sehr ich mich auf dieses Kind gefreut habe.

    Susa

  8. Liebe Isa, ich fühle als Sternenmama eines kleinen Jungen, der in der 34. SSW in meinem Bauch verstarb, mit Dir. Da ich das Glück hatte in dem schlimmsten Moment meines Lebens bei der richtigen Hebamme zu landen (die mir noch im Kreißsaal das Buch von Hannah Lothrop in die Hände gab), uns eine – soweit irgend möglich – harmonische und friedvolle, natürliche Geburt zu bereiten und uns vor allem von unserem kleinen Nick in Ruhe verabschieden zu können, fühle ich sehr mit Dir.
    Es war so gut und wichtig, ihn halten, ihn bewundern zu können und sich schweren Herzens zu verabschieden.
    Anna, unsere liebe Hebamme (vielleicht liest Du ja diese Zeilen….), hat Fotos gemacht, einen Fußabdruck genommen, ein Haarsträhne abgeschnitten und all das sind nun unsere wenigen Erinnerungen an unseren kleinen Stern. Auch das schmerzvolle Begräbnis mit vielen lieben Menschen und somit ein Grab, das wir besuchen können, hat uns über die schwere Zeit hinweg geholfen.
    Ich möchte noch auf die Organisation ‘NILMDTS – Now I lay me down to sleep’ aufmerksam machen, die zur Zeit zwar hauptsächlich in den USA Fotos von den verstorbenen Babys machen, um sie den Eltern als wundervolle Erinnerung zu übergeben, aber es wird sicherlich auch schon bereits bei uns solche ehrenamtlichen Fotografen geben, die vielleicht einfach nur nicht in dem Rahmen organisiert sind. Ein Dank auch an diese Menschen!
    Liebe Grüße – Birgit (mit zwei Jungs an der Hand)

  9. Das Interview hat mich an meinen eigenen verlust schmerzlichst erinnert. Ich verlor meinen kleinen dominik in der 21. Woche. Das schlimme war dass er noch gelebt hat. Mein muttermund ist aufgegangen und ich hatte wehen. Ich hatte 56 h wehen und hab versucht dagegen mit gekreuzten beinen anzukämpfen da ich ja wusste dass mein kleiner engel noch keine Überlebenschancen hatte. Irgendwann musste ich eingestehen dass ich keine Chance hatte den kampf zu gewinnen meine Kräfte waren am ende. Ich hatte mir dann ne pda legen lassen und die Ärzte haben die fruchtblase aufgestochen und mein kleiner engel flog zu den sternen. Ich hatte ihn auf meiner brust liegen, mein mann war bei mir. Es waren körperliche und seelische höllenquallen zu wissen dass wir unseren kleinen dominik verloren haben und ihn nicht aufwachsen zu sehen. Unsere Familien kamen um sich von ihm zu verabschieden sie waren eine grosse stütze und es kamen keine dummen Kommentare von ihnen. Wir denken sehr oft an unser sternenkind. Mittlerweile haben wir einen 9 monate alten sohn er kam in der 23+4 ssw zur welt ist fit und wir freuen uns jeden tag aufs neue unser kleines wunder in den armen zu halten. Lg tanja

  10. Auch ich kann meinen Vorrednerrinnen nur zustimmen und nachfühlen wie ihnen zumute ist. Bei uns begann die Hölle 2011. Unsere berufliche Existenz war am Ende, mein Vater bekam Krebs und ich die Nachricht, dass ich schwanger bin. Die Freude war groß und für mich war sofort klar, dass es wird wieder ein Mädchen wird, es gab nichts anderes für mich… Mädchen Nr. 3, das absolute Wunschkind. In der 30 SSW war ich beim Ultraschall und sprach meine Ärztin auf einen schwarzen Fleck im Kopf an. Sie konnte mir nicht weiter helfen und schickte mich zu einem “Experten”. Dann begann für uns eine 6 wöchige Höllenfahrt durch ganz Norddeutschland. Angefangen hatte alles mit einer Spina Bifida über 2 Wirbel, dann hieß es Lendenwirbel. Ok ein Querschnittgelähmtes Kind sollte kein Problem sein, dass schaffen andere auch. Dann hieß es die Öffnung im Rücken gehe über alle 7 Wirbel und das Kind habe nicht wie sonst üblich einen Wasserkopf, sondern der Kopf war zu klein. Das Ende vom Lied war, wir als Eltern sollten uns entscheiden, ob wir unser Kind Schwerstbehindert bzw nicht Lebensfähig auf die Welt kommen lassen wollten oder eine Spätabtreibung? Wie soll man sich als Eltern entscheiden???? Es war die Hölle… Unsere Tochter ist dann gestorben, aber wir durften sie trotzdem mit einem Namengebungsritual begrüßen. Sie heißt Lina Luisa, ( Lina die Starke ). Wir hatten eine so tolle Seelsorgerin, sie hat meinem Mann und mir wirklich geholfen. Lina war noch 4 Tage Leblos in meinem Körper, als sie dann spontan geboren wurde. Es war die schönste Geburt. Ich habe gemerkt wie sie meinen Körper, ich sage mal ihre Seele, verlassen hat. Ich trauere immer noch. Ich bin jetzt wieder schwanger 32. SSW und dieses Mal soll es ein Junge werden. Mein Mann und ich haben wieder zueinander gefunden, das Leben hat wieder einen Sinn, ich vermisse meine über alles geliebte Tochter wahnsinnig und habe ständig ein schlechtes Gewissen, weil sie nicht wählen konnte. Vor geraumer Zeit habe ich auch zum 1. Mal von ihr geträumt. Sie war ein Kleinkind, mit blonden Haaren und sie war so glücklich, sie strahlte mich an, danach war ich fix und fertig. Ich kann nur hoffen im Sinne meiner Tochter gehandelt zu haben. Dass ich ihr wenigstens Schmerzen ersparen konnte. Das Thema wurde in der Familie sehr offen besprochen, auch mit meinen anderen Kindern. Für die Großeltern ist es jetzt kein Thema mehr… leider…

  11. Toll geschrieben und spiegelt genau die Gefühle wieder. Unser 3. Kind ist vor 6 Jahren gestorben. Am meisten geschockt hat auch mich diese teilweise starke Gefühlskälte in den Aussagen, die schlimmste war für mich immer: Dann sollte es wohl so sein. Ja, es ändert aber nichts an dem Schmerz, wenn man nicht weiß was man sagen soll, lieber den Mund halten und einfach in den Arm nehmen. Wir konnten bis heute mit dem Thema nicht abschließen, da unser Sternenkind ohne uns beerdigt wurde und bis heute kein Befund aus der Pathologie vorliegt. Auf Nachfrage in der Klinik, heißt es nur, es gibt keinen Befund. Aber auch das muss es ja schriftlich geben. Ich versuche gerade Einsicht in meine Patientenakte zu erhalten, damit ich damit ein bisschen abschließen kann.

  12. Ich möchte mich bei allen bedanken, die ihre Erfahrungen und Gefühle beschrieben haben. Ich bin in einer anderen Situation, nämlich habe ich zwei Geschwister verloren, die noch vor meiner Geburt gestorben sind. Da es Zwilligne waren und meine Eltern noch sehr jung waren, haben sie nie getrauert oder Abschied genommen, denn das war zu dieser Zeit nicht möglich, sie hatten keinerlei Unterstützung und konnten diesen Verlust emotional nie verarbeiten. So lange ich mich erinnern kann, habe ich als Kind eine große Trauer empfunden, mit der ich aber immer allein war, meine Eltern haben sich gegen dieses Gefühl gesperrt. Ich wünschte, sie hätten die Kraft und auch die Unterstützung gehabt, diesen Verlust zu bewältigen, dann hätte ich ihre Trauer nicht tragen brauchen.
    Für Kinder ist es wichtig, dass man mit ihnen auch über solche Themen spricht, denn sie fühlen mehr, als die Eltern meinen.

  13. Danke für diesen wünderschönen Bericht. Ich bin selbst Mutter von zwei Sternenkinder. Ich müsste meinen Sohn, (19 ssw) und meine Tochter in der 23 Lebend gebären. Aufgrund eine unbekannten angeborenen Gebärmutterschwäche müssten beide meiner süßen Engel von uns gehen. Heute bin ich wieder schwanger in der 5+5 ssw und auf mich kommt eine schwere Schwangerschaft zu.
    Wenn du Lust hast bitte lese dir gerne meinen Blog durch. http://Www.sternenstaubemma.blogspot.de

  14. …ich bin selbst betroffene und kenne die situation und die gefühle, gedanken und das WARUM WIR? fragen nur zu gut! ich glaube an gott und lese täglich eine online andacht (hier stand ein Link) und der heutige beitrag passt einfach so gut zu diesem artikel, dass ich ihn schicken musste. vielleicht hilft er ja der/dem ein oder anderen weiter!!!
    12. April 2014
    Warum wir „Warum?“ fragen
    Und sogleich rief der Vater des Knaben mit Tränen und sprach: Ich glaube, Herr; hilf mir, loszukommen von meinem Unglauben!
    Markus 9,24 (ELB)
    Waren Sie schon einmal in einer tragischen Situation und haben Gott gefragt: „Warum? Warum passiert mir das?“ Stellen wir uns einmal für einen Moment vor, Gott würde diese Frage tatsächlich beantworten. Würde seine Erklärung irgendetwas ändern? Die Auswirkungen der Tragödie wären immer noch da und der Schmerz wäre immer noch genauso groß. Was hätten Sie daraus gelernt?

    Ich glaube, eigentlich stellen wir Gott ganz andere Fragen, wenn wir ihn das fragen: „Gott, liebst du mich noch? Wirst du dich um mich kümmern in meinem Schmerz und meinem Leid? Du wirst mich doch nicht verlassen, oder?“ Könnte es sein, dass wir von Gott Erklärungen haben möchten aus Angst, er würde sich nicht wirklich um uns kümmern?

    Stattdessen sollten wir lernen zu sagen: „Herr, ich glaube. Ich verstehe es nicht und werde wahrscheinlich nie ganz begreifen, warum schlimme Dinge passieren, aber ich weiß ganz sicher, dass du mich liebst und bei mir bist – immer.“ Meiner Meinung nach braucht es mehr Glauben, siegreich durch so etwas hindurchzugehen, als einfach daraus befreit zu werden. Setzen Sie Ihr Vertrauen in Gott, dann werden Sie hinterher gestärkt daraus hervorgehen.

    Gebet: Gott, ich vertraue dir, auch wenn die Umstände mir Zweifel einflößen wollen. Hilf mir, deine Liebe nicht zu vergessen und mein Vertrauen in dich zu setzen, ganz gleich was passiert. •
    (Quelle: Hier stand ein Link)

    1. Liebe Anna – ich habe Deinen Beitrag freigeschalten, aber die beiden Links entfernt (gekennzeichnet mit den Worten “Hier stand eine Link”), da ich nicht zu Quellen mit religiösen Inhalten verlinke, wenn ich nichts über die Organisation weiß, die dahinter steht. Ich hoffe das ist für Dich in Ordnung. Wenn nicht sag mir Bescheid, dann nehme ich Deinen Kommentar runter. Danke, Deine Svenja

  15. Der Beitrag ist herzzerreißend und brachte mich zum Weinen. Erinnerungen wurden beim Lesen wach und ich habe Gänsehaut und einen Kloß im Hals, als ob mir der Atem stockt. Auch ich habe meine Tochter,Charlotte, letztes Jahr in der 35 SSW tot entbinden müssen. Zum Glück ist mein Mann nicht von meiner Seite gewichen. Es ist jeden Tag ein Kampf damit umzugehen.
    Lieben Gruß
    Franziska

    1. Liebe Franziska, ich nehme Dich feste in den Arm. Mit manchen Schmerzen leben wir für immer. Wichtig ist, daran nicht zu zerbrechen. Dann haben wir schon viel geschafft. Deine Svenja

  16. ich habe meine Nele in der 11. SSW tot auf die Welt bringen muessen, ich wollte sie so gerne. aber das Leben hatte eine eigene Geschichte…lch werde den 10.Nov. 2015 niemals vermissen,,ich vermisse meinen kleinen Schatz so sehr..lch werde niemals ihr Lachen sehen..niemals schöne Stunden mir ihr teilen…meine kleiner Schatz ich vermisse Dich so sehr…deine Mama….und jetzt kann ich kann dank denk der Wechseljahre keine Kinder mehr haben ich werde niemals wissen…wie Du bist..

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