Die Bavaria-Filmstadt-To(RT)ur

Ihr kennt mich (gut). Es ist eigentlich nicht meine Art, öffentlich etwas in die Pfanne zu hauen – außer vielleicht mich selbst. ABER, wenn etwas 77 € kostet und mir überhaupt nicht gefällt, halte ich es fast für meine Pflicht, meine LeserInnen informell zu warnen.

Ich war heute mit den Kindern und meinem Mann in der Bavaria Filmstadt. Wir sind ja nicht nur berufsbedingt begeisterte Kinogänger und Filmeschauer. Ich war vor knapp 25 Jahren schon mal auf einer Tour durch die Bavaria und fand es TOLL. Damals war „Die unendliche Geschichte“ noch sehr aktuell und auf Fuchur vor einem Blue Screen zu fliegen war der Kracher. Auch durch das Boot von „Das Boot“ zu krabbeln war aufregend.

Mittlerweile sind aber eben ein paar Jahre vergangen – und ehrlich gesagt, hat sich nicht wirklich viel getan. Na klar, es gibt das Wicki-Dorf aus Flake (und das Schiff, das ist schon toll) – aber ehrlich gesagt steht man ständig VOR Filmkulissen (die früher mal woanders standen und jetzt hier wieder aufgebaut wurden – Chance auf Filmluft schnuppern gleich NULL) und dann wird ein Film abgespielt. Klar, zwei Besucher dürfen eine kurze „Sturm der Liebe“ Szene spielen und vier Kleinkinder auf Fuchur reiten und JA, wir sind auch wieder durchs Boot gekrochen. Aber das war es dann eben auch mit der Beteiligung.

Wäre ja nicht so schlimm gewesen, aber unser Führer (der sich nicht namentlich vorgestellt hat) war ein launischer Bengel, der seinen Text runterleierte und dabei meist in eine andere Richtung schaute (und dessen Stimme sich damit im Nirwana verlor und bestimmt nicht in den Ohren meiner Kinder landete). Dazu fand er sich selbst viel besser als seine Kunden oder die Infos, die er rüberbringen sollte – oder das Studio (Corporate Identification quasi nicht vorhanden). Dramaturgisch waren seine Texte eine glatte Sechs, die Stories die er erzählt hat entweder altbacken oder wenn doch mal spannend, dann an den entscheidenden Stellen vernuschelt.

Weder wir noch die Kinder wurden auf Augenhöhe abgeholt. Am Anfang mussten wir außerdem 45 Minuten warten – obwohl im Internet stand: Führung zu jeder vollen Stunde. Dass die erste Führung eben erst um halb 11 stattfindet (und tatsächlich dann erst um viertel vor), wäre ja mal eine sinnvolle Info für die Internetseite gewesen. Aber die Wartezeit im kalten Wind hat uns dafür schon mal ganz gut eingestimmt auf das, was dann folgte: Eiskalte Hallen mit eiskaltem Steinboden. Der Tipp: SEHR warm anziehen, wäre vorbereitend auch hilfreich gewesen (und ja, ich trug schon meine Skijacke…).

Tja, und was hätte ich jetzt gelernt, wenn ich NICHTS über das Filmemachen wüsste?

Dass a) Technik geliehen wird und in Hallen vor Ort bevorratet ist, dass b) Kulissen kein Dach haben, um ausgeleuchtet werden zu können und keine vierte Wand, weil da das Filmteam steht. Dass c) die Bavaria leider nicht viel Wert auf Innovation legt (jeder von euch hat wahrscheinlich einen besseren Flatscreen Zuhause als die Dinger, die die da an der Wand haben und auf denen dann Filmchen in schlechter Qualität laufen). Dass die Bavaria aber d) sehr viel Wert auf Michael Bully Herbig legt.

Nicht nur ist gefühlt jede zweite Kulisse aus seinen Filmen, sondern auch das Bullyversum spricht für sich. Es ist zwar definitiv das einzige Gebäude mit coolem Design, einer guten Dramaturgie und irgendwie auch herrlich gemacht. Aber ein bisschen scheint es, als habe man eben einfach dem Star, der in den letzten Jahren die Bavaria am Leben erhält, ein Denkmal setzen wollen. Und das ist auch gelungen.

Aber ich würde mir wünschen, dass Bully Herbig mal mit seinem Sohn und ein paar seiner Freunde durch das Bullyversum geht und die dürfen dann mal versuchen alleine mit diesen Scannerarmbändern aufs Gelände zu kommen, alle Attraktionen zu spielen und wieder rauszukommen. Meine Kinder beherrschen iPad und iPhone und sie kommen auch mit einer Magnetkarte ins Schwimmbad. Aber an den Bavariascannern sind sie gescheitert – mein Mann und ich übrigens auch. Bully – mach was, denn den Spaß, den man im Bullyversum haben könnte, hat man jetzt nur zur Hälfte. Und DAS ist Schade, denn so wie es aussieht, wirst Du der Einzige sein, wegen dem irgendjemand in den nächsten Jahren den Weg zur Filmstadttour antritt UND das Ganze auch genießt. Ich jedenfalls hatte Spaß an Deinem Kinderzimmer (siehe Foto oben) und den anderen Devotionalien. Und RESPEKT – die Anzahl Deiner Preise in den beiden Vitrinen ist wirklich nicht von schlechten Eltern.

Ein kurzer Vergleich: vor einigen Jahren habe ich mit meinem Mann in L.A. die Tour durch die Warner Brother Studios gemacht. Ich weiß HEUTE noch, dass unser Führer Mike hieß. Warum eigentlich? Weil Mike für das Filmbusiness brannte. Mike wusste alles, kannte alles und hat uns einen Blick HINTER die Kulissen gewährt. Wir standen also nicht vor Pappattrappen und haben Filme geschaut, sondern waren

a)    im Kostümfundus

b)   bei den Kulissenmalern

c)    an einem aktuellen, echten Set (2 ½ Men, The Mentalist)

d)   in einer großen Filmhalle

e)    im Tonstudio

f)     bei den Special Effect Jungs

g)    zum Mittagessen in der Kantine der Produzenten (und nicht bei McDonalds…)

Ach ja, stimmt – darum geht es ja beim Filmemachen – ums FILMEMACHEN.

Hier also ein kleiner Tipp für die, die die Bavaria Filmstadttour vor 30 Jahren (oder wie lang ist das her?) erfunden haben. Zeigt euren Besuchern doch mal, was sie sehen wollen. Denn das sind nicht rotznasige Kameraassistenten, die auf unsere Kosten ihr Taschengeld aufbessern und uns dann auch noch alles verschweigen, was uns interessieren könnte.

Da ist noch viel Luft nach oben.

Alles Liebe

Eure Svenja

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Deine Daten in der Kommentarfunktion werden nur für diese verwendet. Weitere Informationen findest du in der Datenschutzerklärung.