Die emotionale Atombombe

Atombombe

Heute Morgen wollte ich einen emotionalen Post schreiben. Aber das ging nicht. Denn ich war nicht offen. Ich habe hin- und herformuliert, Beispiele gesucht – und nach einem Weg, euch zu sagen, was ich fühle. Hauptsächlich, damit ihr dasselbe fühlen könnt, denn ich bin mir sicher: die Verletzung, die ich habe, die hat fast jeder.

“Gut”, habe ich gedacht. “Es gibt halt Tage an denen klappt es nicht so gut mit dem Schreiben.” Und hatte das Thema abgehakt. Bis ich dieses Video gesehen habe:

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Wäre es nicht wundervoll, wenn unsere Eltern uns einmal so in den Arm nehmen würden und sich für das, was sie falsch gemacht haben, entschuldigen würden? Für das, was uns verunsichert und verletzlich gemacht hat? Was wir seitdem in unseren Genen tragen, atmen und leben? Was unser ganzes Leben beeinflusst hat und was wir an unsere Kinder weitergeben? Ob wir wollen, oder nicht?

Dieser Post handelt von meinem Vater. Nicht von irgendwem, einem namenlosen Beispiel. Von etwas, worüber ich mal gelesen oder wovon ich mal gehört habe. Dieser Post ist persönlich. Persönlicher wird es nicht mehr.

Mein Vater hat eine Kommunikationsstörung und die funktioniert so. Er steht immer im Mittelpunkt. Egal, was in meinem Leben passiert, egal was in seinem Leben passiert. Ich habe keine Chance in seinen mittleren Kreis zu kommen. Dazu gab es neulich einen ganz interessanten Artikel von einem Autorenduo in der L.A. Times, der davon handelte, wie man es vermeidet, das Falsche zu sagen.

Sie beschreiben folgendes Beispiel, das die Frau des Autorenduos selbst erlebt hat: Sie erkrankt an Krebs, wird operiert und liegt im Krankenhaus. Als sich eine Arbeitskollegin bei ihr meldet und den Wunsch äußert, sie zu besuchen, sagt sie: “Ich weiß nicht, ob ich das schon kann. Ich bin noch ziemlich schwach.” Darauf antwortet die Arbeitskollegin: “Weißt Du, es geht bei dieser Sache nicht nur um Dich.”

“Um was denn sonst?” denkt sich die Frau. “Worum soll es bei meinem Krebs denn sonst gehen, wenn nicht um mich?” Und entwickelte mit ihrem Mann folgende Theorie, um sich solche Kommunikationsfehltritte zu erklären:

Malt einen Kreis. In diesen Kreis schreibt ihr den Namen der Person, die in einer Krise steckt. Zum Beispiel den der Frau, die Krebs hat. Um diesen Kreis herum malt ihr einen Ring. In diesem Ring steht die Person, die dieser Frau am nächsten ist. Ihr Mann. Danach kommen die, die danach am nächsten dran sind, z.B. ihre Eltern. Dann ihre engsten Freunde, entferntere Freunde. Arbeitskollegen, Bekannte, Zufallsbegegnungen. You get the picture.

Die Person in der Mitte darf sich bei allen anderen Personen beschweren. Sie darf jammern, viel reden, gut drauf sein, schlecht drauf sein. Sie darf alles zu allen sagen. Zum Beispiel: “Das Leben ist unfair.” Oder “Wieso ich?” Sie darf ihren Kummer, ihren “Müll” loswerden. Und damit steht die Kommunikationsregel von innen nach außen: Müll immer nach außen abgeben.

Atombombe

Frei nach Wes Bausmith/L.A. Times

Wenn wir aber in einem äußeren Ring sind und mit einer Person sprechen, die näher an der Mitte ist, muss unser Ziel sein, zu helfen. Zuhören ist wichtiger als sprechen. Wir müssen unterstützen und Trost spenden. Fragen “Soll ich Dir was zu Essen vorbeibringen?”, “Kann ich Dir irgendwie helfen?” oder “Ich kann Dich verstehen – das hätte Dir als allerletzter Person auf dieser Welt passieren dürfen.” Was wir NIE sagen dürfen ist: “Du ziehst mich total runter.” oder “An mir geht das auch nicht spurlos vorbei.”

Zurück zu Dir, Papa. Als Du mir mit 8 gesagt hast, dass Du ausziehst, weil Du Dich mit Mama nicht mehr so gut verstehst, bin ich in den mittleren Kreis gerutscht. Ich wollte da nicht hin. Ich hatte da auch nichts verloren. Aber ich war verloren. Genau von dem Moment an. Mein heiles Leben war zuende und meine Kindheit auch. Aber Du hast nie gefragt: “Kann ich Dir irgendwie helfen?”

Du bist durch die Welt gereist, Du hast viel für Deine Freunde gemacht, Du hast Dir Deine Träume erfüllt. Das freut mich für Dich und ich gönne Dir das durchaus. Aber Du hast nie verstanden, dass Du damit das Recht verloren hast, in meinem mittleren Ring zu sein.

Deshalb frag mich bitte nicht mehr, warum ich so schlecht zu erreichen bin. Und wirf mir nicht vor, dass Du aus meinem Leben nichts mitbekommst. Ich weiß, Du hast später, als ich mich selbständig gemacht habe, einmal die Woche was zu Essen vorbeigebracht. Nicht nur für mich, sondern für alle, die mit mir zusammen gearbeitet haben. Je älter Du wurdest, desto häufiger hast Du kapiert, dass man nach innen nicht seinen Müll ablädt, sondern unterstützt. Denn das ist die Kommunikationsregel von außen nach innen: Helfen und trösten.

Leider hielt das nicht lange an, denn Du bist älter geworden. Vergesslicher. Hast mir Dinge oft dreimal erzählt, oder fünfmal. Aber nicht damit ich von Dir lerne, sondern weil Du in meinen mittleren Kreis willst.

Du hörst mir nicht zu. Wenn ich im Stress bin, weil ich ein Buch schreibe, die Kinder was zu essen wollen und ich einen Umzug an den Hacken habe (und ganz ehrlich, ich könnte nebenbei Bundeskanzlerin sein, das wäre für Dich genauso irrelevant): Du bist immer mehr im Stress. Denn Du musst noch Bekanten X zum Kaffee treffen, Bekannten Y zum Abendessen einladen und dann noch Deine Wohnung saugen und was zu Essen machen. Stimmt, Du bist ja Rentner und hast ein wunderschönes Leben, das Du Dir frei einteilen kannst. Die Verpflichtung, für Deine Familie zu sorgen, hast Du ja vor 34 Jahren aufgegeben.

Weißt Du – ich kann Dir vergeben und ich kann verstehen, dass Du dieses Leben mit uns nicht mehr wolltest. Auch wenn ich das alles wohl nie vergessen kann. Worauf ich aber immer noch warte, ist, dass Du mich wie die Frau in dem Video endlich mal in den Arm nimmst und sagst: “Weißt Du, es tut mir sehr leid. Es tut mir leid, dass ich nicht da war. Dass ich Deinen Blog nicht lese. Dir nie sage, dass ich stolz auf Dich bin, weil Du schreiben kannst. Mich nie wirklich dafür interessiert habe, wer Du bist. Dass ich immer nur in der Mitte stehen wollte. Und das selbst jetzt, mit 73, nicht wirklich anders hinkriege.”

Anstatt dessen sagst Du mir: “Der Soundso hat mir gesagt, dass er über das Internet mehrmals die Woche Kontakt zu Dir hat (aka Dich auf facebook liest). Aber für mich bist Du ja immer so schlecht zu erreichen.” Und dann kommt wieder die Litanei, dass Du keinen Computer brauchst und kein Smartphone und dass Du keine SMS schreiben können willst, weil Du Briefe schreibst. Ach ja, und die Frage wann ich Dir denn jetzt endlich mal ein selbstgemaltes Bild von den Kindern schicke. Denn wer mit Dir Kontakt haben will, der muss sich eben auf DEINE Kommunikationswege einlassen.

Weißt Du Papa, manchmal ist es an der Zeit, seinen Platz im Leben zu finden. Ein Teil von mir ist nie älter als 8 geworden. Zum einen, weil Du mich damals in den mittleren Ring geschoben hast, auf einen Platz, an dem ich nie sein wollte. Zum anderen, weil Du diesen mittleren Ring nur betreten könntest, wenn Du mich liebevoll umarmst und Dich entschuldigst. Und so weit bist Du einfach noch nicht. Aber weißt Du was? Zumindest das habe ich jetzt begriffen.

Deine Tochter

Svenja

P.S.: Ich weiß, dass jetzt einige meiner Leserinnen drauf und dran sind, mir zu schreiben: “Weißt Du, sei glücklich, dass Du Deinen Vater noch hast. Meiner ist schon längst tot. Er ist gestorben als ich 20 (30, 40, 50) war. Und ich vermisse ihn so.” Spart euch die Mühe. Meiner ist auch weg. Seit ich 8 bin. Aber wer weiß, vielleicht schaut er ja demnächst mal wieder vorbei.

41 Kommentare

  1. Liebe Svenja,

    eigentlich bin ich jetzt ganz sprachlos …

    Ich wünsch Dir von Herzen, dass Dein Papa Deine Zeilen liest – und aufwacht. Und mit ihm ganze viel andere auch!

    Fühl Dich umarmt … Liebe Grüsse Marion

  2. Liebe Svenja, als ich deinen Post gelesen habe, musste ich die Tränen runterschlucken. Ich finde es einfach bewundernswert, dass du deine Gefühle so in Worte fassen kannst, die jeder versteht und jeder nachvollziehen kann. Ich kenne dich zwar nicht persönlich und habe auch meist Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden, aber ich weiß, dass du mit diesem für dich so schwierigen Thema schon gut dabei bist, es zu verarbeiten … deinem Vater wünsche ich, dass er deinen Post lesen darf, denn das würde ihm bestimmt einmal die Augen öffnen. Sei gedrückt und alles Liebe, Caro

  3. Ha! Zack und Kabuuum… mein Brief an meinen Vater wäre ähnlich, ich glaub noch böser und bitterer! Und weißt du, was ich im Laufe meines Lebens gelernt habe? Man hat auch das Recht, mit Eltern Schluß zu machen!!! Man kann nämlich, ganz oft, auch besser ohne sie leben. Uns schwupps, so kann man sich seinen eigenen Kreis bilden.

    Ganz liebe Grüße
    Rebecca

  4. Dieser Blogpost braucht keinen Kommentar. Und doch braucht er einen. Und zwar den, dass Du nicht allein bist und ich Dich einfach nur “höre”. Und Dich hiermit einfach mal ganz doll drücke! Achtung: iHug kommt mit offenen Armen auf Dich zu! <3

  5. Liebe Svenja,

    du weißt, ich lese deinen Blog schon seit einiger Zeit und möchte dir sagen, dass ich das Thema heute heikel finde, aber auch sehr wichtig. Heutzutage werden noch mehr Ehen und Beziehungen geschieden als zu der Zeit, als wir Kinder waren. Ich bin ohne Vater aufgewachsen, weil er starb als ich zwei war. Ich habe nie was vermisst, aber dennoch wollte ich immer, dass meine Kinder in einer intakten Familie mit beiden Elternteilen aufwachsen. Vor ein paar Jahren war mein Mann an diesem Punkt, wo er das Leben mit uns nicht mehr wollte….Unsere Kinder wurden in die Mitte des Kreises gesteckt, ob sie wollten oder nicht. Zum Glück haben wir nach kurzen drei Wochen kapiert, dass wir eine Familie sind und ein Paar, dass sich liebt, also haben wir die Kinder wieder rausgeholt aus dem Kreis. Aber jedes Mal, wenn mein 8-jähriger heute fragt:”Stimmt doch Mama, wir sind jetzt für immer eine glückliche Familie” oder immer, wenn er sagt: “Als Papa weg war, hat mein Herz weh getan!” wird mir klar, dass er viel zu lange in dieser Mitte war und das wir kein Recht hatten, ihn dort hinein zu stecken. Heute Mittag, wenn er nach Hause kommt, werde ich ihn wie jeden Tag in den Arm nehmen und ihn fester halten denn je…und ich werde versuchen, ihm zu erklären, wie leid mir das alles tut. Dir wünsche ich, dass dein Vater irgendwann einsieht, wie wichtig dir eine Entschuldigung ist und wie sehr du sie verdient hast. Denn dich hat damals auch niemand gefragt… Ich danke dir für diesen Post, für die Tränen am frühen Mittag, für die Erkenntnis, dass die Entscheidung, doch als Familie weiterzugehen, richtig war.
    Fühl dich herzlich von mir umarmt.
    Liebe Grüße, Michi

  6. Ich habe gerade beschlossen, dass ich aufhöre zu zählen wie oft du mich zum Nachdenken und auch zum Weinen bringst. Deine Worte tun mir gut und ich kann dir nur von Herzen danken. Ich überlege gerade in welchem Kreis ich wohl bei meinem Vater gelandet bin und wünschte ich hätte die Chance, ihm verzeihen zu können. Für das was er getan und vor allem für das was er nicht getan hat. Aber leider kann ich es nicht mehr, da er seit 18 Monaten tot ist.

    Dir wünsche ich von Herzen, dass du einen Weg findest auf dem ihr beide miteinander kommunizieren könnt. Danke.

  7. hmm es macht mich sehr traurig, dass du das erleben musstest, was du hier beschreibst. Das musste ich Gott sei Dank nicht kennenlernen. Meine Eltern, Mutter und Stiefvater (mein Vater starb als ich 3 war und ich kannte ihn nicht wirklich) waren immer für uns da und ich hoffe, dass ich genauso viel Kraft haben werde Ihnen das zurück geben zu können, wenn es nötig ist. Ich befürchte auch, dass dein Vater dich nie in den Arm nehmen wird um sich zu entschuldigen, denn sonst hättest du nicht bis heute diesen Groll. Dann hättet ihr es schon vorher geklärt.. Ich denke das liegt einfach daran, dass er es nicht sieht und ich glaube nicht, dass die Augen im Alter besser werden. Ich wünsche mir nur für dich, dass es dir irgendwann nicht mehr so weh tut.
    Und auch, wenn du es nicht so gern hörst, und das Gefühl hast, dass dein Vater schon lange weg ist. Wenn er wirklich nicht mehr da ist irgendwann dann stirbt auch die Hoffnung, dass er dich doch nochmal in den Arm nehmen könnte, auch wenn das vielleicht nicht passieren wird.. Aber dieses Endliche, dieses Wissen, dass es wirklich keine Möglichkeit mehr gibt, das tut so sehr weh.
    Zeige doch deinem Vater mal dieses Video (ich habe es gestern auch im Fernsehen gesehen und es hat mich sehr berührt) und vielleicht ergibt sich daraus etwas (oder kaufe ihm eine “Brille).
    Vielleicht ist das ja auch alles Quatsch, was ich hier schreibe, aber ich wünsche mir für dich, dass es dich nicht mehr so verletzt. Drück dich und wünsche dir alles Gute
    Gabi

  8. Liebe Svenja!
    Wenn ich jemals öffentlich vor einem Menschen ein Knicks machen könnte… wenn ich jemals virtuell vor einem Menschen, den ich nicht persönlich kenne, meinen Hut ziehen könnte… wenn ich jemals einem Menschen durch den PC auf die Schulter klopfen könnte… dann wärst das sicher heute DU!
    Ich empfinde tiefsten Respekt und Anerkennung für diesen ehrlichen, menschlichen, offenen und vor allem – sehr persönlichen Post. So berührt man Menschen. Authentisch, stark, klar, ehrlich. Ich gratuliere Dir! Ich glaube, das war viel Arbeit in Dir. Und ich Danke Dir. Da ist nun auch viel Arbeit in mir… :-)
    Ein Arm lieber Grüße,
    Bianca

  9. Wow! Du hast meinen allergrößten Respekt, dass Du diesen sehr persönlichen Befreiungsschlag mit uns geteilt hast!

    Ich hoffe dein Vater bekommt es irgendwie doch zu lesen und dass Du das bekommst, was sich das 8-Jährige Mädchen ganz tief im Inneren immer noch erhofft……eine Entschuldigung……

    Leider fehlt diesen Ich-bezogenen-Menschen oft die Fähigkeit, Fehler als solche zu erkennen, sich diese einzugestehen und sich ihnen zu stellen. :-(

    Ich wünsche Dir, dass Du mit Deiner Erkenntnis ein schweres Kapitel in deinem Leben hinter Dir lassen kannst, denn oft beeinflussen die Geister der Vergangenheit auch unsere Gegenwart, ohne dass wir es merken!

    LG
    Dee

  10. …ich war 4. Nun will er auch zurück, aber am 5.Geburtstag seiner Enkelin “konnte” er einen Chorauftritt einfach nicht absagen. “Du mußt enschuldigen.” Ich muß gar nix ….

  11. Oh Mann! Das was Du da geschrieben hast trifft einen Nerv! Mit meinen Eltern ist es ähnlich! Ich bin mittlerweile zumindest zum Teil mit der Situation arrangiert, aber mich nervt auch immernoch das “Geziehe” an einem… Meine Kinde nehme ich gaanz oft in den Arm und sage Ihnen daß ich sie liebe, und ich entschuldige mich auch bei Ihnen. Trotzdem ist es nicht leicht seinen Weg zu finden! Ich wünsche uns allen mit Narben auf der Seele ganz viel Heilung! LG Tina

  12. Liebe Svenja, ich finde das ganz toll wie du das schreibst und das zeigt deine Staerke. Du beschreibst einfach was ist, ohne Verurteilung. Und was haette sein koennen – und die Trauer ueber das was haette sein koennen, aber nicht ist. Ich wuensche dir dass du liebevolle Menschen in deinem inneren Kreise hast die dich wertschaetzen. Das Video hat mich ‘zum Wasser ‘gefuehrt. Ich leitete heute eine Gruppe von 12 Frauen, die genau ueber dieses Thema sprachen und wie schwer es fuer sie ist es anders zu machen. Da gab es auch eine Menge Traenen. Es ist meine absolute Leidenschaft diesen Frauen andere Wege zu zeigen und sie zu ermutigen. Vor Jahren schrieb mir ein 9 jaehriges Maedchen “Danke, dass du mir meine Mami wiedergegeben hast”. Das fand ich super. Mit deinem Blog zeigst du auch vielen Menschen dass es auch anders geht. Ich bin froh dass es dich gibt ;)
    Ulli

  13. Liebe Svenja!
    Danke, das du dieses “Innerste” von dir mit uns teilst … und so alle vormachst das Gefühle zeigen erlaubt ist! Weil so ist es: Gefühle wollen nur gefühlt werden. Mehr nicht.
    Wir lernen leider so früh und oft so schmerzlich sie zu verstecken, zu rationalisieren und schließlich zu ignorieren.
    Wirkliche Heilung aber, entsteht nur dann wenn die verletzte Gefühle geäußert, gesehen, gewürdigt und angenommen werden. Ohne wenn und aber. Du hast auf dem Weg zu deiner Inneren Heilung mit deinem Post heute, einen Riesenschritt gemacht. Das hat Mut und Ehrlichkeit gefragt.
    Beide hast du. Ich drücke dich ganz fest und danke dir vom ganzen Herzen!
    deine Joan

  14. Hallo Svenja,
    ich finde es sehr gut und sehr wichtig was Du geschrieben hast. Und zwar für DICH ! Auch mir ist es so gegangen, dass meine Eltern sich getrennt haben. Ich war damals schon 14 Jahre, weh getan hat es aber trotzdem. Viele Jahre hatte ich weder Kontakt zu meinem Vater, noch zu meiner Mutter. Bei meiner Mutter hielt dies an bis zu ihrem Tod. Ich bereue es allerdings nicht, denn ich habe irgendwann in meinem Leben begriffen, dass ich meine Eltern nicht zwingen kann. Zu nichts ! Ich hätte sicherlich noch den Versuch unternehmen können, mit meiner Mutter (er)klärende Gespräche zu führen. Mir war aber damals schon klar, dass sie keine Einsicht gezeigt hätte. Zu meinem Vater besteht seit ca. 3 Jahren wieder intensiver Kontakt. Er ist jetzt 79 Jahre alt. Ich selber bin 51 und habe 9 Kinder im Alter von 4 – 20 Jahren. Der Kontakt zu meinem Vater funktioniert wahrscheinlich jetzt auch nur deshalb, weil ich um seine (und auch meine eigenen) Fehler weiß und mir der Kontakt wichtig ist. Er macht auch jetzt in der Gegenwart ähnliche Fehler wie damals bei mir und meinen beiden Brüdern. Ich kann ihn aber nicht verändern und das akzeptiere ich so. Wenn er dumme Sachen macht, die mit unseren Kindern zu tun haben, sprechen wir darüber und er versucht es zu ändern. Da habe ich wahrscheinlich auch Glück, dass er es zumindestens versucht.
    Ich will Dir wirklich keinen Rat geben, das kann nicht funktionieren, da jeder Mensch seine eigenen Wege gehen muß.
    Ich versuche immer mein Leben nach einem kleinem Gebet auszurichten:

    Gott gebe mir die Gelassenheit
    Dinge zu akzeptieren die ich nicht ändern kann,
    den Mut Dinge zu ändern die ich ändern kann
    und die Weisheit, das eine von dem anderen zu unterscheiden.

    Vor dem Hintergrund dieses Gebetes habe ich schon manche Situation bewältigen können.
    Ich wünsche Dir, von ganzem Herzen, genau diese 3 Dinge: Gelassenheit, Mut und Weisheit.

    Sei ganz herzlich unbekannterweise von mir gegrüßt.

    Michael

  15. ganz deiner meinung! ich hab das auch so satt. seit ich 10 bin, bin ich die erwachsene in dieser vater-tochter-beziehung. und obwohl man sich immer vornimmt, dass einen das verhalten des vaters nicht mehr berührt, tut es das immer wieder und es gibt keinen weg da raus. und auch keinen anderen menschen, der einem das gefühl geben könnte, das man vermisst. also wenn ich dir jetzt sage, dass du so unglaublich stolz auf dich sein kannst, ist es nicht das was du brauchst, da du es nicht von mir sondern von deinem vater hören willst. ich drück dich! simone

  16. Danke Svenja für diesen Post, der mein Herz sehr berührt hat. Ich habe ganz ähnliche “Baustellen” allerdings mit meiner Mutter. Ich habe es aufgegeben diese mit ihr zu klären. Ich habe, zum Glück, Menschen, die mir gut tun, mich lieben,…
    Ich Drücke dich ganz fest!!! Susan

  17. Eine dicke Umarmung an Dich, meine liebe Svenja! Ich kenne deine Wut, bin selbst quasi vaterlos aufgewachsen. Es gab Zeiten, da schaute ich zu, wie mein Mann mit unserer Tochter tobt, grün vor Neid… Loslassen hilft. Heute bin ich froh darüber, dass meine Kinder einen tollen Papa haben, dennich weiß, wie es ist, ohne zu sein.
    Liebe Grüße Anna

  18. … Kenne ich und tut auch 39 Jahre später noch weh. Eltern schaffen das, von anderen hätte man sich längst getrennt. Ich habe auch nicht immer Lust, die Handlungen meines Vaters auszuwerten nach liebevollen Anteilen, die er nicht anders ausdrücken kann. Und ich mag auch nicht immer entschuldigen, dass Exfrauen sehen so schlimm ist, dass die Enkel nie einen gemeinsamen Geburtstag, Einschulung oder Weihnachten erleben. In 80% der Situationen tue ich es, weil ich erwachsen geworden bin und mein Vater leider nur teilweise. Und in 20% der Situationen bin ich auch Kind und habe keine Lust vernünftig zu sein und ihn zu entschuldigen, dann bin ich verletzt und genauso emotional wie er. Das sind die Situationen, die immer zu einer langen “Vater ist beleidigt-Phase” führen… Ich verstehe dich 100% und drücke dich!

  19. Liebe Svenja, ich lese Deinen Blog schon eine Weile und bin immer wieder erstaunt, über wie viele interessante Sachen Du schreiben kannst, und in wie viel ich mich wieder finde…ist irgendwie wie ein Tagebuch :-))
    Ich kann Dir soo gut nachfühlen, denn ich habe eine sehr ähnliche Situation. Ist es nicht furchtbar, wie man diese Sachen immer mit sich herumschleppt?! Und dann hat man das Gefühl, dass man es bei den eigenen Kindern auf jeden Fall besser oder richtig machen will und wird von der Verantwortung, die man sich selbst auferlegt, fast erdrückt… Ich hab es aufgegeben, meinem Vater versuchen zu sagen, dass es nie um mich und den Rest der Familie ging, nur um ihn, und dass ich heute Probleme habe, mit Zuneigung oder Ansprüchen seinerseits (und Unverständnis, dass ich es nicht so zurückgeben kann) umzugehen, denn die hätte ich gebraucht, als ich herangewachsen bin. Er ist zwar erst viel später gegangen, aber die Situation war trotzdem da. Weisst Du, mit so einem Vater zuhause aufzuwachsen, ist auch sehr schwierig und hinterlässt eine Menge Baustellen…Ich hoffe, Du kannst ihn so sehen, wie er ist, auch ein Produkt seiner Erziehung und Erfahrungen und Gene, der sich wahrscheinlich dafür noch weniger liebt als er weiss…oder zugibt. Fühl DIch gedrückt vom fernen Australien…Anke

  20. WARUM schreibst Du eigentlich immer genau das, was ich gerade DENKE…??? Ich brauche eine Strandmuschel und Du postest einen Vorschlag dazu. Ich fange an, mich – freestyle – vegan zu ernähren, und Du schreibst, wie es Dir (und mir!) damit geht. Und jetzt das hier… Seit etwa 4 Wochen denke ich das, was Du jetzt geschrieben hast. Ich würde Dich ja gern mal persönlich kennen lernen ;-).

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