Was bin ich eigentlich wert?

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Meine Tochter, die fast immer komplett bei sich ist

Ich habe letzte Woche etwas Großes verstanden.

Du kannst nur das geben, was Du selbst hast.

Drauf gekommen, bin ich, weil ihr mir so oft schreibt: “Du hast so eine Energie. Wie machst Du das nur alles?” Ganz einfach: Ich weiß mittlerweile, wann ich die Notbremse ziehen und SOFORT Zeit für mich beanspruchen muss.

Ich kann arbeiten wie ein Pferd, mich verausgaben wie ein Stier – aber dann muss es gut sein. Dann sage ich: jetzt komme ich. Jetzt bin ich dran. Jetzt ist meine Zeit. Jetzt brauche ich Ruhe. Denn nur wenn ich wirklich bei mir bin, habe ich etwas, was ich anderen geben kann.

Früher fand mein Mann mich komisch, wenn ich gesagt habe: “Am liebsten hätte ich später zwei Wohnungen nebeneinander. In einer wohnst Du, in der anderen ich.” Er hat gedacht, dass das was mit mangelnder Liebe zu tun hat. Aber genau das Gegenteil ist der Fall.

Gestern zum Beispiel, ist er für zwei Tage beruflich weggefahren. Und ich finde das prima. Denn ich muss auftanken – und das kann ich manchmal nur ganz allein.

Nun schrieb mir neulich eine Leserin, dass sie mit ihren Energien ganz unten ist. Dass sie viele Schicksalsschläge einstecken musste und sicherlich schon aufgegeben hätte, wenn ihre Kinder nicht wären. Bei solchen Aussagen muss ich immer schlucken. Denn ich weiß genau, wie es sich anfühlt, am Boden zu liegen. Wenn man so runter ist und so weit weg von sich selbst, dass es fast weh tut. Wie kommt man dann wieder hoch?

Mit Minischritten. Der erste ist: Sich bewusst wieder etwas Gutes zu tun. In die Badewanne zu gehen. Sich etwas leckeres zu Essen zu kochen. Ein Buch zur Hand zu nehmen, das einem etwas gibt. Ein Körperpeeling zu machen und sich danach dick einzucremen und in einen flauschigen Bademantel oder ein Handtuch zu hüllen und einfach nochmal kurz ins Bett zu legen. Sich zu spüren – und zwar mit allen Sinnen.

Wenn das für euch heißt, Sport zu treiben: Wunderbar, verausgabt euch. Oder meditiert. Macht einen langen Spaziergang an der frischen Luft. Setzt euch auf eine Bank in die Sonne. Im Endeffekt ist es ganz egal, was ihr tut. Hauptsache ihr spürt euch wieder.

Erhascht diesen flüchtigen Moment, diesen Hauch von: “Ach SO kann sich (mein) Leben anfühlen.”

Was macht es für einen Sinn, in einem schönen Haus zu wohnen, wenn ihr nur damit beschäftigt seid, es sauberzuhalten, anstatt es zu genießen? Wenn ihr immer den Staubsauger im Anschlag habt und euch nach Socken bückt, anstatt euch mal einen Kaffee zu machen, euch auf die Küchenbank zu setzen und das schöne Bild anzuschauen, das ihr vor 5 Jahren aus dem Urlaub mitgebracht und über dem Sideboard aufgehängt habt.

Dinge in Schuss zu halten ist für uns Frauen selbstverständlich. Sie wirklich zu genießen, dazu nehmen wir uns kaum die Zeit. Und das rächt sich.

Ganz langsam – und am Anfang ist es wirklich kaum spürbar – fangen wir an, uns aus den Augen zu verlieren. Lackieren uns erst nicht mehr die Fingernägel und nehmen 5 Kilo zu. Hören auf zu lesen, weil wir nie Ruhe haben. Und ganz schleichend hören wir auf, die Bedürfnisse unserer Seele Ernst zu nehmen. Denn die will ihren Wert leben.

Die ist nämlich mit einer Berufung auf diese Erde gekommen. Und wenn wir aufhören,  unsere Seele (Hinweis: die drückt sich aus im Bauchgefühl) Ernst zu nehmen, entfernen wir uns immer weiter von uns selbst – und von dem, was uns glücklich machen würde, wenn wir es nur leben würden. Und wenn dann gar nichts mehr geht, werden wir krank.

Wenn ihr mir also schreibt: “Aber ich weiß nicht, wie ich wieder auf die Beine kommen soll.” oder “Aber ich weiß nicht, was meine Berufung ist.” dann kann ich euch nur zurufen:

Fangt an, wieder mit euch alleine zu sein.

Und ja, das geht auch in einem Raum voller Menschen. Aber besser geht es in einem leeren Raum. Nicht weil das Bauchgefühl da viel deutlicher zu euch spricht (das tut es nämlich immer), sondern weil ihr da weniger abgelenkt seid. Hört mal wieder bewusst auf das, was ihr euch wünscht vom Leben. (Kleiner Tipp: es ist das, was euch gut tut.)

Fangt an, euch wieder Raum zu geben und euch zu spüren.

Und das hat nichts mit Egoismus zu tun. Oder mit falschem Ehrgeiz. Ihr müsst jetzt kein Programm “für euch” aufstellen, das es wieder abzuarbeiten gilt. Sondern ihr dürft in euch reinspüren. Dürft herausfinden, was euch jetzt gerade in diesem Moment gut tun würde. Was euch näher an euch heranbringt. Und das dann ganz spontan machen.

Fangt endlich an zu begreifen, dass ihr etwas WERT seid.

Dass ihr, mit eurer ganz eigenen Mischung aus Begabungen, Talenten, Ideen, Charakter, Persönlichkeit und Energien diese Welt bereichert.

Ich sehe das doch jeden Tag. Wenn ihr wüsstet, was ich für tolle Mails von was für unglaublichen Menschen bekomme.

Wenn ihr also gerade das Gefühl habt, dass ihr nicht wisst, wie ihr wieder auf die Beine kommen sollt. Oder euch fragt, wie ihr endlich das finden könnt, was euch glücklich machen wird. Dann möchte ich euch einfach daran erinnern, dass das, was euch glücklich macht in euch ist. Dass ihr es nur polieren müsst, damit es sich enfaltet.

Ruft laut “Halt”, wenn auch alles zu viel ist. Und dann sucht euch euren Raum und eure Zeit, um euch wieder zu hören und wahrzunehmen. Um euch wieder mit euren Bedürfnissen, euren Wünschen und eurer Zufriedenheit zu connecten.

Hört auf den japsenden Hund zu geben, der mit heraushängender Zunge hechelt und werdet wieder die zusammengerollte Katze, die die Augen schließt und schnurrt. Ihr wisst doch selbst am besten, was ihr braucht, um da wieder hinzukommen.

Und noch eins möchte ich euch mit auf den Weg geben.

Immer schön eins nach dem anderen.

Nehmt jeden Tag als Geschenk und als Chance, euch ein Stück mehr mit euch selbst zu verbinden. Ganz egal ob ihr heute Sport macht und dabei genau spürt, wie ihr eure Muskeln beansprucht, wie euer Atem und eure Herzschlag schneller werden. Oder ob ihr die Stunden, die die Kinder aus dem Haus sind nicht wie geplant aufräumt und Wäsche macht, sondern lieber einen Tee trinkt, die Füße hochlegt und einen guten Film schaut.

Jeder Tag ist ein Geschenk an dem ihr neu erspüren dürft, dass ihr eine Bedeutung habt. Und eine Berufung.

Und die wahrzunehmen und zu leben: das solltet ihr euch Wert sein.

In diesem Sinne wünsche ich euch eine wundervolle Woche

Eure Svenja

12 Kommentare

  1. Du hast vollkommen recht! Es fällt zwar sehr schwer, aber es ist tatsächlich wichtig, sich selbst ernst und wichtig zu nehmen. Das merke ich auch gerade sehr genau und freue mich, dass Du das wieder mal so schön in Worte gefasst hast! Vielen Dank!
    Sandra

  2. Ja da hast Du Recht … ich hab heute einen Artikel eingestellt, der ein ähnliches Thema hat. Jeder muss für sich rausfinden womit er/sie sich belohnen kann, sich etwas gutes tun kann usw.
    lg

  3. Ja, schön geschrieben – Danke. Auch ich finde, das kann man (Frau auch!) nie genug hören. Irgendwie ist da wohl so ein “Vergess-Mechanismus” in uns eingebaut…!? Einfür mich wichtiger Text zu dem Thema heißt: – Die Schale – und geschrieben hat es Bernhard von Clairvaux.
    Er war Mönch und auch Abt und hat im 12. JH gelebt! (1090 – 1153) –
    Immer wieder erstaunlich, welch kluge und weise Gedanken von damals genau den Nerv der heutigen Zeit treffen…
    Einem guten Freund hat er geraten:
    Wenn Du vernünftig bist, erweise Dich als Schale und nicht als Kanal,
    der fast gleichzeitig empfängt und weitergibt, während jene wartet, bis sie erfüllt ist.
    Auf diese Weise gibt sie das, was bei ihr überfließt ohne eigenen Schaden weiter…

    Lerne auch Du nur aus der Fülle auszugießen,
    und habe nicht den Wunsch freigiebiger zu sein als Gott.
    Die Schale ahmt die Quelle nach.
    Erst wenn sie mit Wasser gesättigt ist, strömt sie zum Fluss, wird zur See.
    Die Schale schämt sich nicht, nicht überströmender zu sein, als die Quelle…

    Ich möchte nicht reich werden, wenn Du dabei leer wirst.
    Wenn Du nämlich mit Dir selbst schlecht umgehst, wem bist Du dann gut?
    Wenn Du kannst, hilf mir aus Deiner Fülle, wenn nicht schone Dich…

  4. Svenja, du hast das wiedermal super auf den Punkt gebracht. Ich spüre immer häufiger, dass gerade Mütter sich oft viel zu stark zurücknehmen und sich darauf fokussieren, den Mann und die Kinder glücklich zu machen. Sie vergessen dabei viel zu oft sich selbst und das muss ihnen immer wieder gesagt werden: “DU bist es wert! Mach mal Pause – jetzt bist DU dran!”. Danke für diesen tollen Artikel dazu! Alles Liebe, Stephie

  5. Liebe Svenja,

    gerne würde ich, wie es manchmal meine Art ist, ausführlich auf deine Botschaft eingehen, doch dazu fehlt mir im Moment die Kraft. Viel zu schwer wiegen die Erinnerungen an lackierte Fußnägel, an Vormittage ohne Kinder im Freibad, nur ich und mein Lieblingsbuch…. auch all die vielen verpassten Chancen, die unterdrückten Leidenschaften, die nicht gut gemeinten Kommentare anderer Leute, die mich seit meiner Kindheit belächeln, weil ich weiß, dass in mir eine Künstlerin steckt. Eine Künstlerin, die viele Jahre an einer Supermarktkasse gesessen hat (was übrigens ein sehr wichtiger und auch interessanter Job war), weil sie von allen Seiten immer nur gehört hat, Malen sei kein richtiger Job und erst recht nicht das Dichten und Schreiben. Ich werde nächstes Jahr 40 und ich befasse mich im Moment mehr denn je mit mir selbst und dem, was ich alles NICHT bin. Und irgendwie ist mir der richtige Pfad auch noch nicht erschienen. Deshalb danke ich dir heute für deine Denkanstöße, deine Wertschätzung und deine Meinung.
    Ich wünsche dir eine schöne Woche mit ganz viel Sonne und vielen glücklichen Momenten.
    Alles Liebe, Michi

  6. Ich finde es schön was Du über Partnerschaft schreibst: Distanz ist wichtig, um sich wieder nah sein zu können. Ich bin froh einen Mann gefunden zu haben, der das akzeptiert. So können wir uns gegenseitig die Freiheit lassen, die jeder auch für sich braucht. Das ist herrlich im Alltag, wenn man das nicht dauernd erklären muss. Vielen Dank für Deine Worte!

  7. Danke dir, liebe Svenja….
    Ich folge schon lange deinem Blog. Ich finde deine Einstellung sooo schön.
    Ich befand mich auf einem harten und äusserst schweren Weg. Ich habe mich vor 3 Jahren vom Vater meines Kindes getrennt und war ganz unten. Es hat lange gedauert, bis der Hass und das tiefe schwarze Loch verschwunden war. Ich habe es durch harte Arbeit in Licht und Liebe ersetzt. Ich habe zu meiner spiritualität zurück gefunden und bin heute, noch nicht am Ende angekommen, aber glücklich.
    Aus diesem Grund kann ich deinem Post nur zustimmen. Man muss einfach lernen, auf sich zu achten. Denn nur eine glückliche und zufriedene Mutter ist auch eine gute Mutter ?
    Ich danke dir, für deine immer stimmigen und aus dem Leben gegriffenen Posts.
    Liebe Grüße
    Melanie

  8. Liebe Svenja,

    ich bin vor einigen Wochen über Deinen Beitrag zur Neurodermitis auf diesen tollen Blog gestossen. Deine Worte zum Thema oben kommen genau zum richtigen Zeitpunkt – ganz, ganz herzlichen Dank. Genau dort muss ich dringend ansetzen.. unsere Grosse hat nämlich ganz schlimm ND und die ganze Familie leidet. Alle Reserven sind leer, dabei brauch ich dringend Kraft für unseren Sohn, der momentan noch voll gestillt wird. Hach.. Ich hoffe, dass wir alles bald so aufgleisen können, dass die Fröhlichkeit wieder bei uns einzeiht. Ich schätze sehr, was Du hier im Blog machst – seit der kurzen Zeit, in der ich ihn lese, hat er mir schon viel Gutes gebracht!

    Herzliche Grüsse *silvie

    1. Oh, das sind immmer heftige Phasen, wenn es so drunter und drüber geht und alle ihre Bedürfnisse haben. Nur die eigenen, die kriegen wir kaum noch gestillt. Ich bin voll bei Dir, denke an Dich und Danke Dir für Deine lieben Worte zu meinem Blog. Deine Svenja

  9. Liebe Svenja
    Deine Zeilen haben mir Mut gemacht die Weichen für mein Leben neu zu stellen. Ich bin seit einem guten Jahr sehr unzufrieden mit meiner Situation. Bin beruflich zu sehr eingespannt und habe jetzt erst den Mut gefunden zu sagen: “Nein ich arbeite heute und künftig keine 14-16h Stunden mehr.Ich möchte meine Kinder heute ins Bett bringen und an Ihrem Leben teilhaben.”
    Genauso habe ich es auch mit unserem viel zu großen Haus vor.Anstatt in jeder freien Minute den Riesenklotz zu säubern, habe ich eine wunderbare, zentrale Wohnung gefunden. Wir freuen uns alle schon auf mehr gemeinsame Zeit als Familie. Und es fühlt sich richtig an Nein zu sagen und auch ganz bewusst mal einen Schritt zurück zu gehen. Danke! Vg Heidi

    1. Liebe Heidi, wenn ich wirklich einen kleinen Teil zu diesem Entscheidungsprozess beitragen konnte, macht mich das sehr sehr glücklich und stolz. Halt mich doch bitte auf dem Laufenden, wie sich das Ganze entwickelt, Du mutige Frau. Deine Svenja

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