Das Ende der Straße

juan

Meine Lieben,

immer wieder – und ganz egal wie sehr ich versuche, es zu vermeiden – stehe ich in Sackgassen herum und wundere mich, warum das Ende der Straße plötzlich da ist. Na klar standen da Verkehrsschilder. Mit Sicherheit hat mein Bauchgefühl mich gewarnt, in genau DIE Straße nicht abzubiegen. Mich nicht für diese und jene Aufgabe freiwillig zu melden. Nicht “Ja” zu sagen obwohl ich “Nein” denke und fühle (und innerlich auch ganz laut NEIN schreie).

Natürlich habe ich Listen auf denen steht was mir gut tut. Und Motivationsposter im Büro hängen. Post its am Spiegel, auf denen steht “Slow down”. Ich habe alles was man braucht, um nie wieder in einer Sackgasse zu stehen. Und trotzdem gelingt es mir nicht.

“Wenn die Kinder erstmal aus dem Gröbsten raus sind”, denke ich dann. (Sind sie aber schon).

“Wenn das Buch veröffentlicht ist”. (Ist es aber schon lange).

“Wenn die Umzugskisten ausgepackt sind.” (Sind sie aber doch alle).

Nicht die äußeren Umstände sind es, die mich in die Sackgasse zwingen. Sondern die Tatsache, dass ich immer wieder in die gleiche Falle tappe. Immer wieder vergesse, wie wichtig es ist, dass ich mir freie Zeit nehme. Für mich, für meine Seele und vor allem für meinen Seelenfrieden.

Ich muss niemandem beweisen was ich schaffen kann und was ich Wert bin. Denn das Gefühl von Glück und Zufriedenheit, von Selbst-wert und im Moment leben – das kann mir niemand anders geben. Das kann nur ich selbst mir geben. Indem ich auf mich achte. Mich ausruhe. Mir Inspiration und Anregung für die Seele hole. Indem ich so lebe, wie es mir und meinem Umfeld gut tut. Jede Minute genieße und die Fülle des Lebens mit beiden Händen und mit vollem Herzen greife.

Indem ich nicht so lebe, als hätte ich unendlich viel Zeit. Sondern so, als würde jede einzelne Sekunde zählen.

Dieser Post und das unten verlinkte Video ist für meine liebe Leserin Ute. Lange haben wir uns Mails geschrieben und immer wieder gemeinsam gebangt. Aber jetzt ist ihr Mann doch gegangen. Nicht in die Sackgasse, sondern bis ans Ende der Straße. Und weiter, bis zum Horizont.

Eins weiß ich sicher Ute: Niemand ist jemals allein. Setz Dich ans Klavier. Wir stehen alle für Dich bereit. Machen unsere Feuerzeuge an und stimmen alle mit ein für Deinen geliebten Juan, der jetzt ganz bestimmt an einem wundervollen Ort ist.

Ich denk an Dich und singe ganz laut mit.

Deine Svenja

15 Kommentare

  1. Liebe Svenja,
    der Weg am Ende der Straße geht aber weiter, da wo du hingehen möchtest. Wir müssen uns nur selber immer wieder daran erinnern, das wir im hier und jetzt leben. Wir können unser Zeitkonto nicht wieder auffüllen und deswegen müssen wir die Zeit, mit den Menschen, die uns wichtig sind verbringen. Nicht später, weil wir erst noch die Mails checken müssen oder die Spülmaschine ausräumen oder, oder, oder.
    Was hältst du davon, wenn wir alle zusammen morgen Abend, vielleicht um 21:00h, nur für 5 Minuten, jeder wie er mag ob singend, meditierend, malend oder einfach nur eine Kerze anzünden und innehaltend.
    Meine Oma hat immer gesagt: Und wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her.
    Lass uns zusammen das Licht sein.
    Liebe Grüße
    Sylvia Köhler

  2. Sehr schön geschrieben und wir haben gerade innerhalb von 10 Tagen zwei Nachbarn (eine davon plötzlich) gehen lassen müssen und daher ist dieses Thema hier in unserer Familie sehr aktuell. Auch ein Moment, um mit den Kindern zu reden, wie wichtig es ist, Zeit zu geniessen, Streitereien zu beenden und vor allem nicht böse auseinander zu gehen….. wir wissen alle nicht, wohin unser Weg uns führt …. Auch ich werde morgen Abend eine Kerze anzünden ! Eine sehr schöne Idee, Sylvia

  3. Wow. Was für ein Post und was für ein Video – wieder einmal DANKE, Svenja. Wenn Du wieder mal in der Sackgasse gelandet bist, komm´ auf die Sonneninsel. Das ist ernst gemeint.

  4. Es geht nur um unseren Hund. Aber wir haben keine Kinder. Merlin ist unser Baby. Heute haben wir erfahren dass er höchstwahrscheinlich weniger als vier Wochen hat. Ein ganz seltener Tumor der aggressivsten Art. Während ich das hier schreibe sitze ich im Zug auf dem Weg nach Hause und halte die Tränen zurück. Er ist jetzt seit 10 Jahren unser Baby. Aber wir haben uns gegenseitig viel Liebe geschenkt.
    Marcello

    1. Marcello, das tut mir wahnsinnig leid. Gut dass Du auf dem Weg zu Jan bist. Du hast mir immer so viel Freude gemacht mit Deinen Posts in denen Du mit eurem Merlin durch die Felder in Salzkotten gegangen bist. Das begleitet einen ja selbst auf facebook irgendwie über die Jahre. Lass die Tränen einfach laufen. Wenn man so viele schöne Sachen zusammen erlebt hat, ist das wichtig. Ich drück Dich ganz feste und richte bitte auch Deinem Mann ganz liebe Grüße aus. Deine Svenja

  5. Wie traurig für Ute und auch wenn ich sie nicht kenne – meine Gedanken sind bei ihr! In diesem Jahr sind einige liebe Menschen von uns gegangen und ich bin gerade mal 42 J alt – ich dachte immer, diese Zeit käme erst viel später auf uns zu. Du hast Recht, Svenja: Wir müssen den Moment leben und festhalten, unseren Lieben immer wieder sagen u zeigen wie lieb wir sie haben… Das und noch viel mehr. Fühl dich still umarmt, Ute!

  6. Hallo Svenja,

    auch ich möchte einen stillen Gruß für Ute dalassen und schicke Ihr ein wenig von der Kraft, die ich noch übrig habe. Ich habe am 01.06. meinen Mann an seine Krebskrankheit verloren und kann genau nachempfinden, wie es Ute jetzt geht. Ich bin jetzt 37 Jahre alt und Witwe. Gut das man nicht weiß, was das Schicksal mit einem vor hat. Man könnte mit dem Wissen nicht leben. Eigentlich wollten wir dieses Jahr endlich mit der Familienplanung beginnen, doch statt auf der Entbindungsstation habe ich viel Zeit in der Onkologie verbracht und habe schlussendlich meinen Mann verloren. Ich hätte nie gedacht, das Sehnsucht so groß sein kann.

    Ich kann gut nachvollziehen, wie es Ute jetzt geht. Man muss die Trauer annehmen und sich die Zeit geben die man braucht. Bloß nicht verlangen, dass man wieder funktioniert. Sie hat jetzt das ganze Recht der Welt, alles nach Ihrem Bauchgefühl zu machen und nicht, wie die Menschen es von ihr erwarten. Ich hoffe, sie hat viele gute Freunde und Familie um sich. Die braucht man in diesen Situationen ganz enorm. Wenn Sie mag, können wir uns gerne austauschen.

    Lg,
    Hannah

    1. Hannah – wie lieb, dass Du Dir die Zeit genommen hast, zu kommentieren. Ich werde das Ute sehr gerne weiterleiten. Es tut mir ganz wahnsinnig leid, dass Du Deinen Mann verloren hast. Was für eine einfach beschissene Lebenswendung. Ja, Du hast Recht: Keiner weiß was kommt. Und dass nichts wie vorher ist und man selbst auch nicht mehr wird wie vorher, das kann ich Dir gut nachfühlen. Deshalb finde ich es wirklich besonders, dass Du so ein Angebot machst und offen über das redest, was Dir passiert ist und wie es sich für Dich anfühlt. Kein Wunder, dass Dein Mann mit Dir sein Leben verbracht hat. Er hätte keine bessere Wahl treffen können. Ich drück Dich, Svenja

  7. Für Hannah und Stephie – verbunden mit einem erneuten Danke an Svenja, daß Du über Deinen Blog die Menschen nicht nur bewegst sondern viel mehr noch: uns auf einander zu bewegst. Auf der Trauerfeier habe ich genau das als Quintessenz ausgesprochen: der Sinn meines Lebens ist die Liebe. Wir sollten es unseren Familienangehörigen, Freunden und Arbeitskollegen immer wieder sagen, daß wir sie lieb haben, sie wichtig für uns sind. Was mich auch sehr berührt hat, war die Aussage Dr. Rüdiger Dahlkes, dass der Krebs fast jedes Organ des menschlichen Körpers attackieren kann, aber sehr selten kommt es vor, dass das Herz von einem Tumor befallen wird, weil der Krebs das Herz als körperliches Symbol der Liebe respektiert und verschont…
    Liebe Hannah, gerne können wir uns austauschen. Svenja wird uns schon verbinden
    Liebe Stephie, ich bin ebenfalls Leserin Deines Blogs. Vielen Dank an dieser Stelle für Deine tollen veganen Rezepte und kreativen Anregungen. Ein Genuß !!!
    Euch allen eine gute Woche, alles Liebe, ich umarme Euch feste – Ute

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