Stolz

StolzDieser junge Mann hat mir beigebracht, worauf ich stolz sein kann.

Ihr Lieben,

gestern postete meine Leserin Kerstin ein richtig tolles Foto ihrer gesamten Familie. Jemand kommentierte: “Darauf kannst Du echt stolz sein!” – und sie antwortete: “Bin ich auch.”

Schon seit Tagen denke ich über dieses Thema nach. Stolz. Angefangen hat alles mit einer Doku aus der Reihe “Menschen hautnah” in der Anke Engelke laut über das Selbstoptimieren nachdenkt: Schöner, schlauer, schneller.

In dieser Doku werden unter anderem Menschen gesucht, die mit ihrem Körper unzufrieden sind. Aus ganz unterschiedlichen Gründen. Eine fühlt sich zu dick, die andere mag ihre Haut nicht. Die Dritte fühlt sich, als hätte sie Hängebacken. Hat sie nicht.

Genau so wie ich bei vielen anderen Menschen aus der Gruppe denke: “Du bist aber sehr streng mit Dir.”

Was nun aber diese Doku von anderen Dokus zu ähnlichen Themen unterscheidet ist, dass Anke die Menschen fragt WARUM sie das denken. Und ganz oft können sie die Sorge um ihren (vermeintlichen) Makel und das mangelnde Selbstwertgefühl tatsächlich auf einen einzigen Moment zurückführen. Den Moment, in dem jemand etwas zu genau dieser Sache gesagt hat.

“Geh aus dem Foto, Du bist zu dick.” ist so ein Satz. Und die Frau, zu der er gesagt wurde, als sie ein Kind war, ist jetzt sicher Mitte 40. Den Satz hört sie trotzdem immer noch.

Habt ihr auch so einen Satz? Ich schon. Jetzt, knapp 30 (!!!) Jahre später, trifft er mich nicht mehr. Aber jahrelang war dieser EINE Satz und diese EINE Situation der Grund, dass ich meine Nase SCHREHEHEHECKLICH fand. “Wie unnötig”, denke ich heute. Aber jahrelang habe ich eben gedacht: “Wie dramatisch!!”

Auch habe ich eine Freundin, die wirklich schlank ist, aber keine kurzen Hosen trägt. Weil ihr jemand mal gesagt hat, dass sie dicke Knie hat. DICKE KNIE? Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt.

In der Doku geht es mit einem Workshop weiter und die Frage ist: “Können die Teilnehmer gnädig mit sich sein? Ihre Makel oder Macken einfach akzeptieren? Können sie lernen endlich aufzuhören mit dem Kleinkrieg gegen sich selbst?”

Dazu führt ein Therapeut mit der Spezialausrichtung “Psychodrama” ein so genanntes “Ressourcenspiel” durch. Und das MÜSST ihr euch ansehen – startet knapp bei Minute 23.

“Die Übung ist eigentlich ganz einfach. Alle sollen sich darauf besinnen, worauf sie stolz sind.”

Falls, nur falls ihr wie ich in diesem beginnenden Herbst manchmal das Gefühl habt von niemals endenden Hausaufgaben, Mutterpflichten, Wäschebergen und To-do-Listen. Falls, nur falls ihr spürt, wie die Unbeschwertheit des Sommers, die erfrischenden Seen und die wärmenden Sonnenstrahlen euch durch die Finger gleiten. Falls, nur falls ihr denkt: “Wie soll ich das nur schaffen?” oder “Ich hatte mir doch für den Herbst so viel vorgenommen, aber ich habe irgendwie gar keine Energie!” – dann schaut bitte einmal diesen Ausschnitt der Doku an.

Denn was passiert, wenn die Workshopteilnehmer darüber sprechen, worauf sie stolz sind, das ist phänomenal. Mir persönlich hat es deutlich vor Augen geführt, dass das, was ich oft als selbstverständlich abtue, ganz und gar nicht selbstverständlich ist. Oder anders gesagt:

Nur weil mir etwas leicht fällt, ist es nicht leicht.

Ich ziehe zwei Kinder groß, mache einen Mann glücklich und halte meine Familie zusammen. Ich bin ausgesprochen positiv. Versuche jeder Begegnung und jeder Situation etwas abzugewinnen. Momente, in denen ich früher gedacht habe: “Das kann ja wohl nicht wahr sein” und “Das meint die doch wohl nicht Ernst” gehe ich heute mit viel mehr Gelassenheit an. Gebe meinem Gegenüber einen Vertrauensvorschuss und lasse Fünfe gerade sein. Konzentriere mich lieber auf meine Stärken, anstatt zu mosern.

Das alles ist eigentlich ziemlich cool und gefällt mir an mir.

Aber das ultimative Kompliment machte mir neulich mein neunjähriger Sohn – als ich überhaupt nicht damit gerechnet habe. Wir waren einkaufen und ich sprach mit der Frau an der Kasse. Und danach, als wir den Laden verließen, sagte Ludwig zu mir:

“Mama, Du bringst eigentlich jeden, mit dem Du sprichst, zum Lachen.”

Und er hat Recht. Das ist es, wofür ich in diesem Leben stehe. Ich möchte Menschen unterhalten und glücklich machen. Ihren Blick auf das Positive richten, auf das zum Greifen nahe Glück. Und wenn mein Sohn das so klar sieht und formulieren kann, dann passiert genau eines.

Dann bin ICH stolz.

In diesem Sinne einen schönen Tag

Eure Svenja

14 Kommentare

  1. Yes! Du bringst auch mich jedes Mal zum Lachen, zum Schmunzeln und zum Nachdenken. Und das, und ganz viel mehr, macht Dich zu einem ganz zauberhaften Menschen, auf den ich stolz bin, dass er in meinem Leben ist. Love you roomie!
    P.S.: Vielleicht sollten wir uns alle einfach mal öfter sagen, was wir aneinander toll finden, anstatt es immer nur zu denken.

  2. Liebe Svenja,
    Dein Sohn hat Recht! Du schaffst es mit jedem Deiner Beiträge in mir ein positives Gefühl zu erzeugen. Den Blick auf das Wesentliche zu lenken! Den Tag optimistisch zu beginnen, obwohl uns vielleicht Sorgen und Bedenken begleiten. Ich danke Dir dafür!

  3. YEAH! Das ist wieder einer der wahnsinns Svenja-Artikel, der unter die Haut geht. So recht hast Du und Dein Sohn ebenfalls. Wir alle hier sind schöne und positive Menschen – von innen heraus und auch für unser Umfeld. Es macht mich glücklich und zufrieden, anderen Menschen ein Lachen zu schenken und ihnen so einen schönen Moment zu schenken – ob ich sie kenne oder nicht. Wie egal ist es da, ob meine Haare flusig sind oder gerade ein Pickel auf der Nase wächst… Think positive! BUSSI von Stephie

  4. Liebe Svenja, ich bin Leserin, seit deines Blogartikels, in dem du dafür plädiertest, dass Kinder zuhause jemanden brauchen, der sie auffängt, in dem du eine ganztägige Hort- Betreuung in Frage stelltest. Und ich dachte damals, wow, das ist mutig in unserer heutigen schnellen, lauten Welt, in der schon die ganz Kleinen funktionieren müssen. Und es dauerte nicht lange, da blies er schon, der heftige Gegenwind. Du hast ihm stand gehalten. Und ich bin geblieben als Leserin. Und mit mir sicher viele andere. Auch etwas, worauf du mehr als stolz sein kannst. Danke für den schönen Blogartikel heute und die vielen anderen, die mir aus der Seele sprachen und sprechen.

    1. WAS? Sina, jetzt habe ich Gänsehaut am ganzen Körper. Der Artikel ist ja so uralt (und brandaktuell, wenn Du weißt was ich meine). Immer wieder kriege ich darauf Kommentare und schon oft war ich davon echt genervt, weil das Thema für mich ja auch schon lange durch ist mit meinen jetzt schon großen Kindern. Manchmal habe ich mir sogar überlegt, den Artikel runterzunehmen, weil ich nicht wieder eine Rechtfertigung und die Angriffe von jemandem lesen möchte, der es anders sieht. Und weißt Du was? Das ist jetzt das erste Mal, dass ich mich so richtig riesig darüber freue, dass ich ihn damals geschrieben habe. Denn von damals bis jetzt – das ist eine irre Strecke. Tausend Dank für Deinen Kommentar – you made my day. Svenja P.S.: Das mit der Kita sehe ich heute übrigens noch genauso – bloß dass sich das jetzt verschiebt in Richtung Ganztagsschulen…

  5. Es ist doch wirklich so, dass wir Frauen uns immer wieder kleiner machen als wir sind. Danke dass du immer wieder das positive in den Fokus holst und erinnerst an all das was wir leisten.
    Ich habe beide Teile der Doku ngesehn und sie hat mich an vielen Stellen berührt. Ja, wir sind gut, so wie wir sind ? je öfter wir es lesen, sehen, hören und uns ins Bewusstsein holen, desto eher kommt es im Unterbewusstsein an. Hoffentlich.
    Lieben Gruß Sandra

  6. Großartig!!!! Ich freue mich gerade, dass ich den Artikel zufällig gelesen habe!
    Meine Tante aus Litauen kam zu Besuch als ich etwa 17 war. Ich hatte sie nie zuvor gesehen. Es klingelte und ich lief aufgeregt an die Tür, öffnete sie und ihre ersten Worte waren nicht: “Hallo, ich bin Tante Christel. Schön, dich kennen zu lernen.” Ihre ersten Worte waren: “Boah, hast du dicke Füße!!!” (Sie meinte meine Beine.) Das saß.
    Ich fühle mich oft so unzulänglich. Denke, wer kann mich schon wollen mit all meinen dicken Beinen. Und dann bin ich ganz erstaunt, wenn jemand mit mir lacht, zeigt, dass ich ihm was bedeute, und gern Zeit mit mir verbringen mag. Wir können stolz sein auf jeden Augenblick, in dem wir jemandem etwas Gutes getan haben. Das Lächeln oder Lachen eines anderen ist mindestens so viel wert wie unser eigenes. Und ich bin so dankbar für jeden Menschen in meinem Leben, der mir ein Lächeln ins Gesicht zaubert, so wie du es mit dem Artikel getan hast, liebe Svenja.

    1. Ach Du Schreck – was für ein Satz. Na, kein Wunder, dass der saß. Ja, ein Lachen ist alles wert. Und heute haben wir auch das Standing jemandem, der solche Sätze sagt, einfach nicht zu glauben – und ihn anzulächeln.

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