Schritte nach vorn

Ihr Lieben,

dieser Post wird auf den ersten Blick zusammenhanglos wirken. Aber stay with me, it is not.

Neulich habe ich euch ja schon geschrieben, dass ein alter Freund von mir gestorben ist. Er war 44. Gestern ist dann Roger Cicero gestorben. Er war 45. Ich bin übrigens auch 45.

Nun war ich kein wirklicher Fan von Roger, aber ich hatte ihn wie wohl jeder Deutsche meines Alters irgendwie auf dem Radar. Gestern habe ich ihn dann das erste Mal gegoogelt und musste feststellen, dass ich kaum etwas über ihn wusste.

Zum einen war er ein wirklich guter Sänger mit einer Wahnsinnsbandbreite (ich kannte nur seine gängigen Hits). Zum anderen war sein Vater ein großer Jazzpianist. Roger hatte also von Anfang an musikalische Wurzeln und dieses Talent. Etwas, worauf er aufbauen konnte.

Das kann ich gut nachvollziehen, denn ich habe mein Talent zu schreiben auch von meinem Vater. Was manchmal ein komisches Gefühl ist, weil er ja auch der Mensch ist, der mir am meisten weh getan hat.

Das größte Geschenk von jemandem zu erhalten, der einem auf der anderen Seite den Boden unter den Füßen wegzieht, das ist vorsichtig ausgedrückt etwas schwierig. Und wohl auch einer der Gründe, warum ich meinen Mann geheiratet habe, der mir immer sagt: “Egal was Du machen willst, ich stehe voll hinter Dir.”

Als mein Social Media Feed nun also gestern überfüllt war von der Nachricht, dass Roger gestorben ist. Und ich mir mehrere seiner Videos in meiner Timeline angeschaut habe.

WURDE. MIR. ETWAS. KLAR.

Etwas, das schon in mir gärt, seit ich neulich ein Video mit Tony Robbins gesehen habe. Darin erzählt er von einem seiner Seminare auf einer einsamen Insel und stellt folgende Fragen:

“When do people really start to live? When they face death! And I went through this whole thing of „When you get off of this island, if nine days from now you are gonna die – who would you call, what would you say, what would you do?”

Genau diese Frage stellte mir mein Mann gestern, als ich sagte: “Komm mal rüber, ich muss mit Dir reden. Über Roger Cicero und unseren verstorbenen Freund und das Leben an sich und wo die Reise für uns und mich hingeht und was ich eigentlich wirklich möchte.”

Und mein Mann fragte: “Wenn Du wüsstest, Du hast nur noch zwei Jahre zu leben, was würdest Du tun?” Meine spontane Antwort war ” Ich würde endlich mal nichts tun.”

Warum? Weil ich das noch nie getan habe. Selbst damals, in meinem Sabbatical, habe ich nach einem Monat wieder gearbeitet. Nicht für den Blog, sondern für unsere Firma, mit der wir unseren Lebensunterhalt verdienen.

Wenn ich sage “endlich mal nichts tun” meine ich nicht den ganzen Tag auf dem Sofa zu sitzen und die Beine hochzulegen. Sondern mehr Lücke zu haben, weniger getrieben sein, mehr im Jetzt leben. Um endlich etwas Neues entstehen lassen zu können. Denn ich weiß ja schon so lange, dass es in mir noch eine große Sache gibt, die ich erst kennenlernen werde, wenn ich Platz für sie mache.

Was aber das eigentlich Spannende für mich ist, ist dass ich dafür kein Sabbatical mehr brauche und auch keine erzwungene Auszeit. Und jetzt komme ich zu dem, was mir klar wurde, als ich die Roger Cicero Videos angeschaut habe.

Ich möchte das mit euch gemeinsam herausfinden.

Denn alles andere würde keinen Sinn machen. Ich hacke mir ja auch nicht den rechten Arm ab, bevor ich einen Handstand mache.

Ihr seid eine Säule in meinem Leben. Und vor allem seid ihr eine Säule in meinem Leben als Autorin. Mit euch habe ich gelernt, wie ich die Worte aneinandersetzen muss, damit sie euch berühren. Damit sie euch was sagen und ihr mir die fünf Minuten eurer Zeit schenkt, die ihr braucht, um diesen Post zu lesen. Und weil das so ist, kann ich diesen Weg auch nur mit euch gemeinsam weitergehen. Kann mich nicht einschließen und an dem großen Roman schreiben und nachher sagen: Tadaaaahhh! Da ist er.

Ich muss das hier machen. Öffentlich. Live.

Ich möchte mir die Freiheit herausnehmen, weiter an meiner Sprache zu feilen. Ich möchte euch mit meinen Worten noch mehr bewegen. Euch an Gefühle und Menschen erinnern, die ihr vergessen hattet. An die besten Momente eurer Kindheit, euer größtes Versagen und euren größten Sieg.

Ich möchte euch tragen durch schwierige Zeiten. Euch Mut geben, wenn ihr Mut braucht. Ich möchte euch in der schlimmsten Einsamkeit und Verzweiflung ein Wort wie einen Strohhalm reichen. Oder das eine Wort schreiben, damit eure Tränen fließen können.

Das letzte, was ich dafür brauche, ist ein Sabbatical. Und das erste, was ich brauche, Zeit mit euch. Alleine schon, dass ich euch wie meinem Mann zurufen kann “Hei, ich muss da mal was loswerden” ist Gold wert auf dem Weg zu der, die ich bin. Die schon immer da war. Und die sich irgendwann trauen wird, mit euch gemeinsam für alle Welt sichtbar in der Sonne zu stehen.

In diesem Sinne einen wunderschönen Tag

Eure Svenja

P.S.: On a funny note: Dieses Video, in dem Seinfeld erklärt, wie er einen Witz schreibt, ist sowas von nah an dem dran, wie ich beim Joggen manchmal über Sätze nachdenke, die ich euch später im Blog schreibe. Da zählt jedes Wort und manchmal echt jede Silbe.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

20 Kommentare

  1. Oh Svenja, ich bin so froh, dass Du diesen Weg mit uns gehen willst. Obwohl wir uns nicht kennen, bist Du mit Deinen Beiträgen sehr wichtig in meinem Leben geworden. Fast jeden Tag schaue ich nach, ob es etwas Neues von Dir gibt. Das liegt meiner Meinung daran, dass wir in unserem Alltagstrott nicht den Blick auf das Wesentliche haben und auch mit unseren direkten Mitmenschen nicht so offen und häufig über das wirklich Wichtige im Leben sprechen. Du bringst mir mit Deinen Beiträgen diesen Focus zurück und das hat direkte Auswirkungen auf mein echtes Leben. Ich genieße den Augenblick bewusster, bin zufriedener, versuche auf meinen Bauch zu hören, ein echtes Ziel im Leben zu finden, meine Kinder gut zu begleiten und meine Ehe aktiv zu fördern. Danke dafür!

    1. JUDITH das freut mich so arg. Ich glaube dass das auch der Grund ist, warum ich nicht weg will vom Blog. Denn ganz ehrlich – was würde der “große Roman” denn ändern? Ich will ja keinen Applaus oder eine Lesereise oder einen Literaturpreis. Das EINZIGE was ich möchte ist Menschen berühren und ihr Leben schöner machen, weil sie sich vielleicht durch meine Worte etwas trauen, was sie sich vorher nicht getraut haben.

  2. Liebe Svenja,

    mein Vater ist gestorben, als ich knapp 16 Jahre war. In den Jahren danach habe ich nur im hier und jetzt gelebt. Weil man nämlich nichts, aber auch gar nichts auf später verschieben kann.

    In den letzten Tagen sterben so viele Menschen in meinem Umfeld, dass es mir unbehaglich wird. Wenn dann noch die Medien, von bekannten Persönlichkeiten berichten, die plötzlich über die Regenbogenbrücke gehen, sollten wir vielleicht unseren Kurs korrigieren.

    Heute ist ein guter Tag – den Kurs zu korrigieren :-)

    Frau Köhler

  3. Dankeschön! Wie schon so oft, hast du zur richtigen Zeit die richtigen Worte. Auch war es gestern bei uns so, das exakt diese Frage aufkam, was würdest du tun, wenn du nur noch 2 Jahre hättest? So groß und weit weg ist es gar nicht was ich tun würde, ich muss nur lernen es zu tun! Liebe Grüße Bea

  4. Liebe Svenja,

    wie schön , diesen Weg mit dir zusammen zu gehen. Du bist meine tägliche Inspiration und selten hat mich jemand so oft zum Nachdenken gebracht , wie du. Vielen Dank dafür..
    Ich drück’ dich und freu’ mich auf das, was da kommt.

    Lieben Gruß
    Katja

    1. Ich glaube das wird ganz toll Katja. Wenn wir alle das, was wir uns wirklich wünschen, in die Welt hinaustragen, dann kann das nur toll sein. Freu mich immer wieder, dass Du da bist und mitliest. Und bin fest überzeugt: Gemeinsam geht alles besser.

  5. Liebe Svenja!
    Wie hast du letztens geschrieben, Nonsens gibt es nicht. Übersetzt zumindest. In allem was passiert – im JETZT – steckt etwas Nachhaltiges und Wertvolles drin! Immer. Sei es ein Gespräche, eine Begegnung, ein Mensch, eine Schicksal, eine traurige Nachricht wie der Tod eines Sängers oder einfach jeder neuer Post von dir – überall macht es etwas. Unfassbar wie präsent das gerade ist bei mir. Dein Post mit deinem Spirit und deinem Bestreben Neues herauszufinden, dich selbst zu bereichern und zu inspirieren – und gleichermaßen uns mitzunehmen …ist wie eine Fortführung eines Gesprächs, dass ich eben mit einer ganz tollen Frau hatte. Es ging um nichts anders als um deine Worte, deine Message und dein Bedürfnis, deinen Weg nicht nur zu finden, sondern ihn auch vollends mit Begeisterung und Glück im Herzen gehen zu wollen. Am besten tanzend, summend und fröhlich. :)
    Oder wie Roger Cicero “swingend”!!
    Du tust gerade sehr gut und ich freu mich, wenn du uns mitnimmst. Es bereichert ungemein und vor allem in vielerlei Hinsicht! Muss ja auch mal gesagt werden :)
    Danke dafür. Hab auch du einen wunderschönen Tag!
    Gruß Maxie

    1. Ach Maxie. So viele Herzchen Emojis kann man ja gar nicht anklicken, wie ich mich gerade fühle. Vielen Dank für Deine Worte, vielen Dank dass Du immer wieder bei mir mitliest und vor allem: Vielen Dank, dass Du auch so eine unbändige Lust hast zu wachsen. Tut gut, Gleicher unter Gleichen zu sein.

  6. treffender und berührender hättest du es nicht schreiben können, liebe Svenja.
    mir ging es gestern bei der Meldung genauso
    … roger cicero kenne ich zwar, aber nie Gruß gehört und habe dann gestern immer wieder recherchiert und wie du … übers leben nachgedacht…
    danke, dass du es so toll und nah auf den Punkt gebracht hast
    alles liebe petra

    1. Ja, das hat uns alle berührt, dass er gestorben ist. Wahnsinn, da kann man mal wieder sehen, wie manche Menschen auch nach dem Tod andere zum Nachdenken anregen. Wir sind eben doch alle miteinander verbunden – im Leben und danach auch. Da bin ich mir eh sicher. Liebe Grüße Petra!

  7. Ähem – räusper! Ich sage nur #innenarchitekt. Habe gerade diesen Blogpost gelesen, nachdem ich meinen geschrieben und direkt veröffentlicht habe. Und auch wenn es um zwei ganz andere Dinge geht, ist es im Kern doch das Gleiche. Ich kann in den nächsten 6 Wochen zwar nicht all das machen, was ich tun würde, wenn ich nur noch sechs Wochen zu leben hätte (zumindest nicht ohne mögliches Risiko und das gehe ich jetzt bestimmt nicht bewusst ein) aber es gibt einige andere Punkte, die ich ebenfalls gerne tun würde und jetzt auch tun werde. In diesem Sinne: Amen sister!

  8. Liebe Svenja,
    ich bin ein Fan von Deinen Blog und möchte Dir eine kleine, schöne Geschichte über den Tod erzählen die mich berührt hat.
    Das kleine Mädchen kam aus dem Nachbarhaus,wo seine Freundin gestorben war.
    “Ihr Vater fragte: Warum warst du denn drüben?”
    “Um die Mutter zu trösten” erwiderte das Kind.
    “Und wie hast du sie trösten können?”
    “Ich bin auf ihren Schoß geklettert und hab`mit Ihr geweint.”
    liebe Grüße
    Enzo

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Deine Daten in der Kommentarfunktion werden nur für diese verwendet. Weitere Informationen findest du in der Datenschutzerklärung.