Ungebetene Erziehungsratschläge

Kaum wird man Mutter, bekommt man Ratschläge. Von allen. Überall. Wenn man bedenkt, wie wenig in Deutschland für flächendeckende Kinderbetreuung getan wird, mag man kaum glauben, wie gerne wildfremde Menschen unsere Kinder erziehen (und uns Tips geben, wie wir sie besser erziehen können). Omis auf der Straße (in der U-Bahn, beim Bäcker), Supermarktkassiererinnen, Menschen, die in Fußgängerzonen an einem vorbeilaufen. Bei Media Markt genauso wie in der Eisdiele. Was manchmal noch schlimmer ist: Tips von Großmüttern, Schwiegermüttern und der gesamten weiblichen Verwandschaft. Am allerschlimmsten: Subtile Fragen, die einen genau spüren lassen, dass jemand es GANZ GANZ SELTSAM findet, wie wir mit unserem Kind umgehen.

Hier meine Top Ten der Fragen, die mich im Laufe meines Mutterdaseins auf die Palme gebracht haben.

1.) Hast Du schon JETZT abgestillt? Zusatz: Du weißt schon, dass das Allergierisiko sich um 50% senkt, wenn Du ein halbes Jahr stillst. (Zu diesem Zeitpunkt hatte ich drei schmerzhafte Milchstaus und Brustentzündungen innerhalb von 3 Wochen hinter mir.)

2.) Hat sie immer noch Schnupfen? Zusatz: Sie hat ja auch schon wieder keine Socken an. (Sagt meine Mutter mir jedesmal, wenn sie die Kinder ohne Socken sieht.)

3.) DAS soll er anziehen? Zusatz: Das ist doch viel zu warm, kalt, bunt, alt, neu. (Ja, genau.)

4.) Wie oft legst Du ihn eigentlich am Tag an? Zusatz: Wenn Du den Kleinen immer stillst, wenn er sich meldet, bekommst Du da nie einen Rhytmus rein. (Kein guter Satz, wenn man bedenkt, dass ich seit 6 Monaten nur 3 Stunden nachts schlafe.)

5.) Ist es eigentlich wahr, dass Fernsehen die Gehirnentwicklung schädig? Zusatz: Ihr habt doch so schöne Gesellschaftsspiele. (Blöd nur, dass ich Rabenmutter mal wieder keine Lust habe, sie zu spielen.)

6.) Wusstest Du, dass Schreien die Lunge stärkt? Zusatz: Du musst sie nicht immer gleich hochnehmen, wenn sie sich mal meldet. (…und ich junges Ding dachte, die 50er Jahre und die damit einhergehenden Erziehungsweisheiten wären lange passé.)

7.) Kann sie etwa immer noch nicht Fahrrad fahren? Zusatz: Das konntet ihr in dem Alter schon längst. (Nein kann sie nicht, den ich habe keine Lust den ganzen Tag neben ihr herzurennen und ihr Vater ist seit gefühlten MONATEN auf Geschäftsreise.)

8.) Willst Du wirklich ein Teelicht für die Martinslaterne nehmen? Zusatz: Er ist doch noch viel zu klein, um die Laterne gerade zu halten. (Aber er ist nicht zu klein, den ganzen Tag die Nimm2 Bonbons zu lutschen, die Du ihm mitgebracht hast.)

9.) Du hast immer Hunger, gell Bub? Zusatz: Das hört man doch am Schreien. Das ist Hunger, nicht Müdigkeit. (ARRRRRGGGGGHHHHHHH! Heuwägelchen, Heuwägelchen, eins, zwei, drei…)

10.) Du willst JETZT schon wieder arbeiten gehen? Zusatz: Ich war ja die ersten drei Jahre für meine Kinder zuhause. (Interessanterweise lautet die Frage manchmal auch: Wann willst Du eigentlich wieder arbeiten gehen? Zusatz: Du verpasst sonst noch den Anschluss.)

Hier meine Tricks, die ich mir über die Jahre angeeignet habe, um mich NICHT aufzuregen und aus solchen Situationen schadlos hervorzugehen.

1.) Ich sage “Interessant…”, schweife mit meinem Blick vage in die Ferne und verlasse den Raum, um irgendwas anderes zu tun.

2.) Bei Dingen, die mir nicht wichtig sind, lenke ich ein. “Ja, Du hast Recht, wir sollten ihn noch mit Sonnenmilch einschmieren (auch wenn wir nur 12 Grad haben)”. Ganz ehrlich – Sonnenmilch auftragen hat noch niemandem geschadet und wenn ich damit eine größere Debatte umgehen kann – gern!

3.) Ich zitiere eine Autorität: “Die Schwimmlehrerin hat gesagt, das ist ganz normal – mit 5 hat man einfach noch nicht so viel Muskelkraft.” oder “Der Kinderarzt hat gesagt, dass man das heute nicht mehr so macht.” oder “Die Hebamme hat mir den Tip gegeben.”

Und dann habe ich noch die eine unschlagbare Standardantwort: “Bei meiner Großen habe ich das genauso gemacht und es hat eigentlich ganz gut funktioniert. Aber es hat ja jeder so seine eigenen Methoden.”

Was war die Frage, die euch am meisten aufgeregt hat?

Eure Svenja

P.S.: Das Bild zeigt meine Tochter mit 2 1/2 Jahren. Sie schaut auf dem Laptop “Madagascar”, während mein Sohn seinen Mittagsschlaf hält. “Ist so ein Film nicht zu aufregend für eine 2-jährige?” HAHAHAHAHA.

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