Welche Aufgaben können schon Kinder übernehmen?

Was Kinder ab wann können – nach Merrilee Boyack.

 

Ihr Lieben,

meine Leserin Manuela aus der Schweiz hat mir neulich folgende Frage gestellt:

Hallo Svenja,

ich bin immer wieder begeistert von deinen Blogs. Nun eine Frage. Ich bin auf der Suche nach einem “Ämtliplan” für meine Kids. Es sollte ersichtlich sein, welches Kind welche Aufgabe im Haushalt hat und außerdem eine Art “Belohnungssystem” geben. Wer seine Aufgabe gut gemacht hat, und den ganzen Tage “lieb” war, erhält einen Punkt. Es klingt alles ein wenig kompliziert und ich weiß nicht recht, wie ich das ganze umsetzen soll. Bin mal gespannt, ob du eine Idee hast.

Glg Manuela

Also, ich habe keinen “Ämtliplan” (was ist das bitte für ein zuckersüßes Schweizer Wort) für meine Kinder, sondern ein Blatt mit Familienregeln (auf denen größtenteils Benimmregeln und kleine Aufgaben stehen). Nachdem ich mehrere Systeme ausprobiert habe, hat sich bewährt, die Aufgaben nach Räumen aufzuteilen. So haben meine Kinder zum Beispiel die Aufgabe, wenn sie aus der Schule kommen und durch die Haustür gehen, noch im Flur ihre Flasche und die Brotdose aus dem Tornister zu nehmen und in die Küche zu bringen.

Gehen sie zuerst ins Wohnzimmer, sage ich: “Was solltest Du nochmal im Flur machen?” Und schon wandert ihr Blick und sie checken, ob sie vergessen haben die Jacke aufzuhängen, die Schuhe ordentlich hinzustellen oder die Flasche aus dem Tornister zu nehmen. Das ging ihnen relativ schnell in Fleisch und Blut über.

Eine Belohnung gibt es bei uns nicht – also nicht im Sinne von Geschenken oder Punkten. Aber was meine Kinder bekommen, wenn sie sich ordentlich benehmen und mir damit eine Freude machen, ist viel mehr Wert: Aufmerksamkeit. Da lese ich dann schon mal zwei Kapitel vor, anstatt nur eines. Und sage auch, dass ich das deshalb mache, weil heute alles so gut geklappt hat. Oder hole ihnen die Apfelschorle aus dem Keller, weil sie gerade so schön spielen (eine Aufgabe, die sie sonst selbst erledigen sollen). Es sind diese kleinen Extras, das kleine bisschen mehr Hinschauen, Verwöhnen und Entgegenkommen – und natürlich auch einfach: Zeit. Ich finde, das muss reichen.

Falls ihr aber unbedingt ein Belohnungssystem möchtet: hier etwas, was ich mir in der Schule bei Ludwigs Lehrerin abgeschaut habe – und was wirklich genial ist. Das Sonnenspiel. Sie hat eine Sonne aus Tonpapier gebastelt – drangeklipst sind Wäscheklammern auf denen die Namen aller Schüler stehen. Unter der Sonne hängen mehrere Wolken (weiß, grau, Gewitterwolke). Wenn Kinder trotz Ermahnung immer wieder auffallen, rutschen sie von der Sonne auf die erste Wolke, die zweite Wolke usw. Nach einiger Zeit ist dann Sonnentag: Wer immer noch auf der Sonne sitzt bekommt eine Glasmurmel für sein Marmeladenglas (die können dann irgendwann wieder gegen andere Dinge eingetauscht werden) – und alle rutschen an dem Tag wieder zurück auf die Sonne, um frisch durchstarten zu können.

Um euch einen Anhaltspunkt zu geben, welche Regeln vielleicht sinnvoll sind, habe ich unsere Familienregeln einmal für euch kopiert. Wir haben sie zusammen aufgestellt und hatten dabei echt viel Spaß. Ich hätte nie gedacht, dass die Kinder so emsig mitmachen.

FAMILIENREGELN

Eingangsflur:

Jacken ausziehen und an den Haken hängen, Schuhe ordentlich hinstellen. Das glt auch für Fahrradhelme, Mützen, Handschuhe, Schals und Cappys.

Wenn wir aus der Schule kommen, Brotzeitreste und Trinkflaschen in die Küche stellen.

Schubladen und Schranktüren vom Garderobenschrank immer wieder schließen.

Küche/Esszimmer:

Teller und Becher nach dem Essen in die Küche bringen.

Nicht den Ellebogen aufstützen.

Die Hand gehört neben den Teller.

Nicht den Kopf aufstützen.

Mund zu beim Essen, nicht schmatzen.

Es wird auch nicht geredet mit vollem Mund.

Fragen, bevor man aufsteht.

Wohnzimmer:

Es dürfen keine Gegenstände geworfen oder geschossen werden.

Wenn man die Decken benutzt, muss man sie wieder zusammenlegen

Alles was man aus der Kommode nimmt, tut man zum Spielende wieder rein.

Müll gehört in den Mülleimer – vor allem gebrauchte Taschentücher und Süßigkeitenpapiere.

Wenn man seine Hose und Socken auszieht, um es sich gemütlich zu machen, bitte alles auf die Treppe nach oben legen.

Alles was nach oben gehört, abends auch mit hoch nehmen.

Schlafzimmer:

DVDs und CDs immer wieder direkt in die Hüllen zurück nach Gebrauch.

Bücher wieder ins Bücherregal.

Türen vom Kleiderschrank immer wieder verschließen.

Abends die schmutzige Wäsche in den Wäschekorb legen.

Sachen, die wir ausziehen, auf den Stuhl legen.

Spielzimmer/Kabuff:

Verkleidungen nach Gebrauch wieder aufhängen oder ins Kabuff legen.

Spiele wieder wegräumen nach Gebrauch (außer ich möchte morgen weiter damit spielen).

Das Spielzimmer muss regelmäßig ausgemistet werden.

Der Basteltisch sollte immer frei sein.

Last but not least – es gibt Dinge, die meine Kinder immer noch nicht selber machen, weil sie da so gerne verwöhnt werden. Socken anziehen ist bei meinem Sohn so ein Thema. Meine Tochter findet es toll, wenn ich ihr was aus der ersten Etage hole, wenn sie gerade gemütlich unten im Wohnzimmer liest. Diese Dinge mache ich gerne, auch wenn sie mit 7 und 9 sicher von den Kindern selbst erledigt werden könnten. Aber es geht ja nicht darum, dass sie immer alles selber machen, sondern dass sie ein paar Strukturen und Regeln mit auf den Weg bekommen.

Hope that helps – und wenn ihr noch tolle Anregungen habt, schreibt einfach in die Kommentare, damit alle lesen können, wie ihr das so handhabt.

Alles Liebe

Eure Svenja

15 Kommentare

  1. Liebe Svenja,

    ich finde deine Liste klasse und werde da einiges von übernehmen. Natürlich nicht unter Zwang, aber schaden kann es auf keinen Fall. Etwas bleibt immer hängen und verwöhnen tut man doch eh noch genug. Aber wenn ich sehe, wie manche Kinder sich verhallten (Papier hinschmeißen und einen entsetzt anschauen, wenn man sie darauf hinweist etc), dann weiß ich schon Bescheid!

    Super Bericht Svenja!

    Deine Katja

  2. Es gibt nur eine Sache (oder nenn’ es Regel), die wir unseren Kindern wirklich vermitteln wollen und die sich als roter Faden durch unser Familienleben zieht: Wir haben es nur schön miteinander, wenn wir zusammen helfen, wenn wir ein Team sind, wenn jeder nach seinen Möglichkeiten mitmacht. Und das kann sehr verschieden aussehnen: Bei einer Familie mit 6 Personen hat jeder so seine Vorlieben. Die eine hasst es die Dusche sauber zu machen, hilft aber gern beim Kochen. Den anderen kann man mit Staubsaugen jagen, aber dafür holt er immer wieder Holz für den Ofen. Und dann gibt es Familienmitglieder, die Socken-Anziehen auch mit 7 (?) noch furchtbar finden, aber dafür prima den Tisch decken. So what? Wichtig ist doch nur, dass es insgesamt für alle stimmig ist. Wie so oft im Leben, heißt das Zaubermittel „miteinander reden und gemeinsam Lösungen finden“. Und das können Kinder schon erstaunlich früh – vor allem wenn sie dabei verhandeln können ;-)!
    So funktioniert’s zumindest mal bei uns.
    Liebe Grüße – Daniela

    P.S.: Familienleben mit Belohnungs- oder Punktesystemen zu gestalten, geht für uns gar nicht. Wenn es uns richtig gut geht (eben weil wir toll zusammen helfen), belohnen wir uns auch gemeinsam, z.B. mit einem schönen Spiele-Abend oder einem Familien-Film.

  3. Hey, das ist ja spitze. Genau sowas (so ein Regelposter) bastel ich gerade mit meinen Kindern. Jetzt Dank Deinem Blogpost, kann ich das ganze noch “verfeinern”. LG

  4. Hallo liebe Svenja,

    Deine Regeln finde ich prima – sie decken sich ziemlich perfekt mit unseren!
    Bei den Socken musste ich so lachen – mein großer Sohn lässt sich da auch gern “helfen” ;)

    Liebe Grüße,
    Diana

  5. Ich verwöhne meine Kinder auch – klar!- aber umso mehr freue ich mich anschließend über das “Danke-Mami- du bist die Beste!”

  6. Haha, die Tischregeln sind 1 zu 1 auch unsere. Aber außerdem müssen alle Jungs, die rülpsen oder pupsen (auch wenn es nur gefaked, also mit der Hand unter dem Arm ist) den Tisch verlassen ohne das Essen zu beenden. Bei meinem Jungshaushalt nimmt das sonst Überhand, wie ich festgestellt habe. Bei der Oma gibts noch den Spruch “Tack för maten, kan jag gå ifrån bordet?” (Danke für das Essen, darf ich aufstehen?) Mahlzeit! Anja

      1. Das kommt bei Dir bestimmt auch noch. Pass auf. Wenn Du gar nicht mehr dran denkst (ich hatte das auch ganz verdrängt, dabei war es im ewigen Freibadsommer meiner Jugend doch fast ein typisches Begleitgeräusch)… Anja

  7. Hallo
    Wir haben gemerkt, das unsere Tochter (2) von Tag zu Tag selbstständiger wird und dadurch auch gewisse Regeln erlernt.
    Sie möchte viel alleine tun und ich bin auch jetzt noch der Meinung, dass es für gewisse Dinge einfach zu früh ist. Aber wir lassen sie.
    Zum Beispiel hilft sie am Wochenende den Frühstückstisch decken und freut sich zu helfen. Auch ihr Brot selbst schmieren und dabei mit dem Messer umgehen möchte sie und mit Unterstützung darf sie sich auch, wenn sie mag, ein Brot selbst schmieren und belegen.
    Wenn wir von draussen rein gehen, dann bleibt sie auf dem Läufer stehen damit sie nicht mit nassen Schuhen in die Wohnung läuft.
    Was wir merken ist der Kiga, dort gibt es ja auch Regeln und die werden auch zu Hause eingehalten.
    Rituale wie Hände waschen nach dem Toilettengang (bzw. Pampers wechseln) und vor dem Essen, oder nach den Hauptmahlzeiten Zähne putzen sind ja auch Regeln die Kinder sich von uns Erwachsenen abschauen.
    Das ist auch was wir versuchen einzuhalten, dass wir unserer Tochter ein gutes Vorbild sind und somit Regeln gar nicht erst aufgesetzt werden müssen, sondern gewisses Verhalten eine Selbstverständlichkeit ist.
    Letzte Woche gab es allerdings noch einen kleineren Kampf :-)
    Sie möchte Abends immer noch etwas “lesen” und da ich auch im Bett lese, warum soll ich ihr was verbieten, was ich selbst tu?
    Mit der Taschenlampe klappte es auch sehr gut. Ohne sie nach einer gewissen Zeit zu erinnern auch das Licht zu löschen, war die Lampe meist schon aus. Daher bekam sie dann eine feste Lampe übers Bett, mit Lichtschalter.
    Am ersten Abend musste ich 2x ins Zimmer um sie daran zu erinnern. Am zweiten dann schon 3x, und Tag 3 war dann auch der Tag, wo ich den Stecker gezogen habe und erst mal Pause war mit Buch “lesen” , was natürlich mit Randale und Krawall kommentiert wurde.
    Nach 2 Abenden haben wir den Stecker dann wieder reingetan und seit dem klappt es. Sie löscht die Lampe schon vor der Zeit (wir schauen meist nach 10min. noch mal nach) und, obwohl viele der Meinung sind es wäre zu früh ihr solche “Freiheiten” zu geben, hab ich daran gemerkt, dass es auch bei einer 2 jährigen klappt.
    Oft bin ich der Meinung ich verlange einfach zu viel, aber oft auch zu wenig?!?
    Z.B. Töpfchen gehen…. Es interessiert sie nicht die Bohne :)
    und ich weiß, man soll warten bis die Kinder es merken, wann sie “müssen” aber sie merkt es nicht.
    Gibt es zu diesem Thema einen Blog? Würde mich interessieren wie die Meinungen dort sind, oder gehört das auch zu Regeln?!?
    liebe Grüße

    1. Liebe Carina, leider habe ich keinen Post zum Thema Sauber werden – als ich angefangen habe, zu bloggen, waren meine Kinder schon beide sauber. Ich kenne viele, die mit 2 anfangen – meine Tochter hat in der Nacht zu ihrem dritten Geburtstag von selbst entschieden, dass sie keine Windeln mehr braucht. Mein Sohn war 2 1/2. Ich habe die beiden einfach immer wieder zu festen Zeiten aufs Töpfchen gesetzt – das hat gut geklappt. Und eins habe ich straight durchgezogen: wenn man einmal anfängt ohne Windel zu laufen, dann bitte nicht wieder imer “Mal” eine anziehen. Wenn dann eine klare Linie.

      1. Hallo…
        Auch Nachts?
        Da brauchen Kinder doch meist eh länger bis sie es merken. Meist ja dann auch, wenn es zu spät ist.
        lg

      2. Ich kenne viele Kinder die nachts noch lange eine Windel tragen. Meine habe ich direkt vorm schlafen immer aufs Töpfchen gesetzt – und das stand neben dem Bet. Sie sind immer aufgewacht, wenn sie mussten – dann waren sie vorher kurz quengelig – genau so lang, dass ich schnell rüberlaufen und sie aufs Töpfchen setzen konnte. Meistens haben wir dann einfach gekuschelt während sie gemacht haben, damit es für sie nicht so kalt und fies und verschlafen war. Das hat immer ganz gut geholfen. Den besten Tipp dazu habe ich mal von einer Frau bekommen, die echt Ahnung hatte. Die hat damit auch hartnäckige Fälle trocken bekommen nachts. Einfach die Kinder auf ein “härteres” also nicht trocknergetrocknetes Frotteehandtuch legen. Offensichtlich spüren sie dadurch unterbewusst, dass da keine Windel mehr ist, sondern etwas Rauhes und schaffen es so, vorher aufzuwachen – bevor es zu spät ist.

  8. Der Post ist schon alt, aber im Netz ist ja immer alles auch neu, drum: Wer überlegt mit seinen Kindern mit Sonnen und Gewitterwolken zu arbeiten, lese vorher Alphie Kohn “Liebe und Eigenständigkeit”. Da werden viele Studien zitiert, die zeigen, dass Belohnung genau wie Bestrafung sehr ungünstig ist. Sie senkt auch tatsächlich die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder die gewünschte Sache tun, wenn die Belohnung einmal wegfällt/uninteressant ist.

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